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Betrachtung über den Himmel

Erschienen in:
dgw-1978

Wir werden zwar hier auf Erden nie recht begreifen und erklären können, was der Himmel ist, unser Glaube aber sagt uns folgendes: Der Himmel ist der ewige Genuß Gottes, ein Ort ewiger, vollkommener Glückseligkeit. Die Seligen sind also frei von allen Leiden. „Sie sollen ausruhen von ihren Mühen, Gott wird alle Tränen trocknen aus ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Klage, noch Schmerz.“ (Offenb. 14,13) Das ist wohl schon etwas Großes, befreit sein von allen Leiden. Wie zahlreich und schwer sind die Bedrängnisse, unter denen die menschen seufzen. Werfen wir nur einmal einen Blick in die Krankenzimmer, in die Hütten der Armut, in die Familien voll Streit und Unfrieden, in die Irrenhäuser, die Gefängnisse etc.: welches Elend, wieviel Herzeleid und Not kann man da erblicken! Fände sich nirgendwo auf der Erde ein Land, wo man ohne Trübsal, Sorgen, Kummer und Not leben könnte, was würden die Menschen aufbieten, um dahin zu gelangen. Die Erde wird aber ein Tränental bleiben, der Ort des ungetrübten Glückes ist nur im Himmel zu finden.

Doch nicht nur Freisein von Leiden verspricht uns der Himmel, sondern auch eine Überfülle der erhabnsten und süßesten Freuden. Die Hauptseligkeit des Himmels entspringt aus der Anschauung Gottes. Die Erkenntnis der höchsten Schönheit, des höchsten, liebenswürdigsten Gutes wird unser Herz mit einer Seligkeit erfüllen, die wir nicht ertragen könnten, wenn Gott uns nicht stärken würde. Die Anschauung Gottes ist so entzückend, daß die Seligen nie mehr ihre Augen davon abwenden können, nie mehr nach etwas anderem Verlangen.

Die Seligen werden Gott nicht nur schauen, sondern auch besitzen und aufs innigste mit ihm vereint sein. Ein hungriger Bettler, der eine reich besetzte Tafel mit köstlichen Gerichten sieht, wird davon nicht satt; ein Armer, der die Paläste und den Glanz eines Reichen bewundert, wird davon nicht reich. Anders ist es mit der Anschauung Gottes, durch die die Seligen in das Glutmeer des göttlichen Wesens versenkt werden und an seiner Herrlichkeit und Seligkeit teilnehmen. „Du wirst sie tränken mit dem Strome deiner Wonne (Ps. 35)“. Hier auf Erden sind wir armselige Geschöpfe, im Himmel werden wir Gott ähnlich sein, es werden uns Freuden zuteil werden, von denen wir im gegenwärtigen Zustande keine Vorstellung haben.

Mit besonderer Wonne werden die Seligen durch die Gegenwart Jesu erfüllt, ihres liebevollen Erlösers, dessen liebeglühendes Herz sie erst dort recht kennen lernen; seine heilige Mutter, seine Heiligen und Auserwählten werden sie wiederfinden, deren Liebe und Umgang sie genießen dürfen. Was aber dem Glück des Himmels erst seinen vollen Wert verleiht, ist, daß es niemals aufhört, ewig dauert. Die Erdenfreuden dagegen sind flüchtig und verschwinden wie Rauch. Im Himmel quält nie der Gedanke, es könnte anders werden, nie kann eine Versuchung sie reizen, nie können sie mehr sündigen und ihr Glück verlieren; sie sind gerettet, selig für immer. Unser Vater im Himmel fordert, daß wir das ganze Verlangen unseres Herzens nach dem Himmel richten, die Güter dieser Welt dagegen nicht höher einschätzen, als sie wert sind. Wie freut man sich schon lange vorher darauf, wenn man irgendein besonderes Glück zu erwarten hat; wie gern spricht und träumt man davon. Und doch ist alles Glück der Welt, alle irdische Lust und Pracht nur erbärmliches Kinderspielzeug gegen das Glück, die Seligkeit des Himmels. Das sagt uns der Glaube. Erwecke das Verlangen und den Vorsatz, den der hl. Franziskus Xaverius so oft wiederholte: In den Himmel will ich, in den Himmel muß ich, koste es, was es wolle! Ja, koste es, was es wolle. Und darum wollen wir gern allem entsagen, was uns in Sünde stürzen und uns um unser Himmelsglück bringen könnte.