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Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965)
Erschienen in:

Kleine Einführung in Geschichte, Wesen und Wirkung des Zweiten Vatikanums, ausgehend vom Standpunkt der katholischen Tradition
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Übersicht über den Artikel
1 a) Warum beschäftigen wir uns mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil?
b) Ökumenische Konzilien
2 Frage: Darf man das Zweite Vatikanum überhaupt kritisieren?
a) Der besondere Charakter des Zweiten Vatikanums – ein „Pastoralkonzil“
b) Wann ist das kirchliche Lehramt unfehlbar?
3 Das Konzil
a) Daten und Fakten
b) Der Kampf auf dem Konzil – die Liberalen gewinnen die Oberhand
c) Die Texte des Zweiten Vatikanums
d) Die große Problematik mehrdeutiger Konzilstexte
e) Die Hauptirrtümer der Konzilstexte
4 Mögliche Einwände
5 Fazit
Ausblick
Was tun in dieser Zeit?
6 Literaturliste
Anhang: Bittgesuch an Benedikt XVI. um eine vertiefte Untersuchung des Zweiten Vatikanums
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Warum beschäftigen wir uns mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil?
Seit dem Tridentinischen und dem Ersten Vatikanischen hat es in der Kirchengeschichte nur noch das Zweite Vatikanische Konzil gegeben. Daher ist es – als das letzte und uns zeitlich nächste Konzil − natürlich sehr bedeutend für uns. In der heutigen Theologie beruft man sich denn auch fast überall auf das Zweite Vatikanum bzw. den sogenannten „Geist des Konzils“.
Ausschlaggebend für uns ist aber vor allem, dass auf diesem Konzil liberale und modernistische Kräfte, die bereits die Kirche untergruben, schließlich die Oberhand gewannen, was einen beispiellosen Umbruch in der katholischen Kirche herbeiführte:
„Man kann daher sagen, daß das II. Vatikanum die Initialzündung für den vollen Ausbruch der Kirchenkrise gewesen ist.“1
Zur darauffolgenden revolutionären Umgestaltung der Kirche und ihrer Öffnung zur Welt hin gibt es viele bestätigende Aussagen − von Lobrednern wie von Kritikern.
Ökumenische Konzilien
[„ökumenisch“ = griechisch: „allgemein“, wörtlich: „aus der gesamten bewohnten Welt, der Oikumene“]
Was ist ein ökumenisches Konzil? Ein allgemeines oder ökumenisches Konzil ist die Versammlung aller Bischöfe (und anderer höchster kirchlicher Würdenträger) des ganzen Erdkreises unter dem Vorsitz des Papstes.2 Es wird vom Papst nicht nur einberufen, sondern auch geleitet und bestätigt, da es die Kirchenstruktur (die Apostel unter ihrem Oberhaupt) widerspiegelt.
Was ist die Aufgabe eines solchen Konzils?
Die Ökumenischen Konzilien wurden stets um dreier Ziele willen einberufen, die man aber nicht voneinander trennen kann:
1. Glaubens- oder Moralfragen zu entscheiden (z. B. Trient: neue protestantische Lehren);
2. die Einheit der Kirche zu bewahren (z. B. Schismatiker zurückzuführen);
3. eine Reform einzuleiten (z. B. Trient: kirchliche Disziplin zu Ehren bringen).
Alle Konzilien bis zum Zweiten Vatikanum haben unfehlbare Lehrentscheidungen in Glaubensfragen getroffen und Irrtümer verurteilt, waren also dogmatische Konzilien. (Den großen Aufwand, alle Oberhirten zusammenzurufen, nimmt der Papst nur dann auf sich, wenn es einen schwerwiegenden Grund gibt.)
Bisher gab es in der Kirchengeschichte insgesamt 21 ökumenische Konzilien (ÖK) − seit der Reformation im 16. Jahrhundert haben bis heute nur noch 3 Konzilien stattgefunden:
das Tridentinische Konzil (1545–1563, 19. ÖK), das Erste Vatikanum (1869–1870, 20. ÖK), das Zweite Vatikanum (1962–1965, 21. ÖK).
Frage: Darf man das Zweite Vatikanum – ein ökumenisches Konzil! – überhaupt kritisieren?
Der besondere Charakter des Zweiten Vatikanums – ein „Pastoralkonzil“
[pastoral = wie wende ich die Theologie auf mein konkretes Handeln in der Seelsorge an]
Das Zweite Vatikanische Konzil wollte von seiner Unfehlbarkeit keinen Gebrauch machen, keine Irrtümer verurteilen, sondern ein Pastoralkonzil sein: ein Konzil also, das keine Glaubensfragen entscheidet, sondern pastorale Richtlinien für das Leben der Kirche gibt.
Seine Dokumente sind also keine unfehlbaren Lehraussagen, werden aber oft so behandelt.
In der Einleitung des Kleinen Konzilskompendiums von Rahner/Vorgrimler liest man dazu:
„Das Konzil war ein pastorales Konzil. So war es von Johannes XXIII. von vornherein verstanden worden, und so hat sich dieses Konzil auch selbst verstanden.“3
„Tatsächlich hat dieses Konzil in allen seinen Texten von diesem letzten Einsatz seiner Autorität, also von eigentlichen dogmatischen Definitionen, abgesehen. Natürlich wurde in sehr vielen Lehräußerungen auf frühere Definitionen von Konzilien und Päpsten hingewiesen, die natürlich in Kraft bleiben [!].“4
Papst Johannes XXIII. sagte ausdrücklich, dass das Konzil nichts verurteilen, sondern stattdessen lieber Barmherzigkeit anwenden wolle. (Bisherige Ansicht der Kirche war es, dass gerade die klare Verurteilung des Irrtums ein Werk der Barmherzigkeit ist, denn so werden Irrende korrigiert und andere vor Irrtum bewahrt.) Wenn man aber nichts als falsch verurteilen will, heißt das implizit auch, dass man auch nichts als wahr definieren möchte.
In der päpstlichen Eröffnungsrede zum Konzil5 am 11. Oktober 1962 heißt es:
„Denn etwas anderes ist das Depositum Fidei oder die Wahrheiten, die in der zu verehrenden Lehre enthalten sind, und etwas anderes ist die Art und Weise, wie sie verkündet werden, freilich im gleichen Sinn und derselben Bedeutung. Hierauf ist viel Aufmerksamkeit zu verwenden; und, wenn es not tut, muß geduldig daran gearbeitet werden, das heißt, alle Gründe müssen erwogen werden, um die Fragen zu klären, wie es einem Lehramt entspricht, dessen Wesen vorwiegend pastoral ist.“
„Die Kirche hat diesen Irrtümern zu allen Zeiten widerstanden, oft hat sie sie auch verurteilt, manchmal mit großer Strenge. Heute dagegen möchte die Braut Christi lieber das Heilmittel der Barmherzigkeit anwenden als die Waffe der Strenge erheben. Sie glaubt, es sei den heutigen Notwendigkeiten angemessener, die Kraft ihrer Lehre ausgiebig zu erklären, als zu verurteilen. Das bedeutet nicht, daß es keine falschen Lehren und keine gefährlichen Meinungen gebe, die man vermeiden und zerstreuen muß. Aber diese widerstreiten so offensichtlich den rechten Grundsätzen der Ehrbarkeit, und sie haben so verheerende Früchte gezeitigt, daß heute bereits die Menschen von sich aus solche Lehren verurteilen.“
Wie die Rede zeigt, vertraute der Papst also darauf, dass die Menschen ihre Irrtümer von alleine einsehen und verurteilen, was aber offensichtlich nicht der Fall ist, wie man heute, mehr als 40 Jahre nach dem Konzil, ganz eindeutig sehen kann.
Viele Katholiken erhofften sich beispielsweise eine Erklärung des Konzils zum Kommunismus: Am Ende gab es jedoch ein Abkommen mit den Orthodoxen, auf dem Konzil den Kommunismus nicht zu verurteilen – nur unter dieser Bedingung sandten die Orthodoxen dann ihre Beobachter zum Konzil!6 Im Vorfeld hatte es sogar mehrere Petitionen von Konzilsvätern gegeben, die eine Verurteilung des Kommunismus erbaten – die letzte, mit Unterschriften von 435 Bischöfen, verschwand seltsamerweise und wurde nie der betreffenden Kommission zugeleitet; Mgr. Achille Glorieux von Lille gab später zu, er habe sie verschwinden lassen, denn sie habe „nicht dem Geist des Konzils entsprochen“.7
Es sollte aber nicht nur nichts verurteilt werden, sondern es wurden sogar Andersgläubige in das Konzil eingebunden:
Es gab verschiedene Treffen und Verhandlungen von Kardinal Bea, dem Präsidenten des „Sekretariats zur Beförderung der Einheit der Christen“, mit jüdischen Vertretern, die ihre Forderungen an das Konzil mitteilten.8
Erstmals in der Geschichte wurden zudem nicht-katholische Beobachter zum Konzil eingeladen. Diese Delegationen der Ostkirchen und verschiedenster protestantischer Gemeinschaften hatten kein Stimmrecht, übten aber doch ihren Einfluss aus: Sie erhielten alle Konzilstexte zugesandt, konnten auf speziellen wöchentlichen Treffen dem Einheitssekretariat ihre Ansichten bekannt machen, hatten persönliche Kontakte zu Konzilsvätern, deren Periti [theologische Ratgeber] etc.9
Wann ist das kirchliche Lehramt unfehlbar?
Beim kirchlichen Lehramt unterscheidet man zwischen außerordentlichem und ordentlichem Lehramt.
1) Das außerordentliche Lehramt findet sich bei einer ausdrücklichen dogmatischen Verkündigung, die die deutlich erklärte Absicht hat, etwas für die ganze Kirche verbindlich festzulegen! Dies geschieht entweder durch den Papst alleine ex cathedra10, z. B. bei einer feierlichen Dogma-Verkündigung (z. B. Papst Pius XII. 1950: Dogma der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel) oder durch den Papst zusammen mit einem ökumenischen Konzil.
Das außerordentliche Lehramt ist immer unfehlbar, und zwar in beiden Fällen aufgrund der Unfehlbarkeit11 des Papstes! Ein Katholik muss diese Lehren also immer annehmen.
Das Erste Vatikanische Konzil definierte:
„Wenn der Römische Bischof ex cathedra spricht, das heißt,
– wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen
– Kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität entscheidet,
– daß eine Glaubens- oder Sittenlehre
– von der gesamten Kirche festzuhalten ist, dann besitzt er mittels des ihm im seligen Petrus verheißenen göttlichen Beistands jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei der Definition der Glaubens- oder Sittenlehre ausgestattet sehen wollte; und daher sind solche Definitionen des Römischen Bischofs aus sich, nicht aber aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich“ (Denzinger/ Hünermann, Nr. 3074)12
2) Das ordentliche (und allgemeine) Lehramt liegt bei allen sonstigen Glaubensverkündigungen vor: in Enzykliken, bischöflichen Schreiben, Predigten (auch die des Papstes sind „nur“ ordentliches Lehramt) usw.
Wann ist nun dieses ordentliche Lehramt unfehlbar? Immer (und nur) in den Punkten, in denen es das verkündet, was immer, überall und von allen (in der Kirche) geglaubt wurde.
Dieses Prinzip formulierte der hl. Kirchenvater Vinzenz von Lerin folgendermaßen auf Latein: „quod semper, ubique et ab omnibus“.
Man muss also alles annehmen, was immer und überall von allen geglaubt wurde. Andere Aussagen des allgemeinen Lehramtes sind nicht unfehlbar, können also auch irren.
Bei einem Konzil nimmt man eigentlich grundsätzlich an, dass es katholisch ist, die überlieferte katholische Lehre verkündet und man es daher (mindestens als ordentliches Lehramt) annehmen muss. Wenn man aber etwa einen Widerspruch zur Tradition der Kirche feststellen sollte, muss man sich an die gültige Tradition der Kirche halten! Jede Verkündigung muss also im Licht der bisherigen unfehlbaren Verkündigungen gelesen werden.
Kardinal Ratzinger kritisierte 1988 zu Recht in einer Rede an die chilenischen Bischöfe:
„Viele Ausführungen vermitteln den Eindruck, daß nach dem Vaticanum II jetzt alles anders ist und das Frühere keine Gültigkeit mehr haben kann oder … diese nur noch im Lichte des Vaticanum II hat. … Die Wahrheit ist, daß das Konzil selbst kein Dogma definiert hat und sich bewußt in einem niedrigeren Rang als reines Pastoralkonzil ausdrücken wollte; trotzdem interpretieren es viele, als wäre es fast das Superdogma, das allen anderen die Bedeutung nimmt“.13
„Soll man ein Konzil einberufen?“
Als Pius XI. 1923 Kardinal Billot diese Frage stellte, antwortete er dem Papst:
„Schließlich kommt hier das schwerwiegendste Argument, das mir absolut für ein Nein zu sprechen scheint: Die Wiederaufnahme des Konzils [Vatikanum I] wird von den ärgsten Feinden der Kirche herbeigesehnt, nämlich den Modernisten, die sich schon bereit machen − worauf ganz sichere Indizien hindeuten −, von den Generalständen der Kirche zu profitieren, um die Revolution, das neue 1789, den Gegenstand ihrer Träume und Hoffnungen, durchzuführen.
Überflüssig zu sagen, dass sie damit keinen Erfolg haben werden, doch würden wir die traurigen Tage am Ende des Pontifikates Leos XIII. und zu Beginn von Pius X. wiedererleben; wir würden noch Schlimmeres erleben, und dies wäre die Vernichtung der schönen Früchte der Enzyklika Pascendi, die jene zum Schweigen gebracht hatte.“14
So verzichtete Pius XI., wie später auch Pius XII., auf die Einberufung eines Konzils. Am 28. Oktober 1958 wurde Johannes XXIII. zum Papst gewählt − drei Monate später, am 25. Januar 1959, teilte er überraschend seine Absicht mit, ein Konzil einzuberufen (siehe Zeittafel).
– Das Konzil tagte in der zur Sitzungshalle umfunktionierten Peterskirche in Rom.
– Von den im Laufe der Jahre fast 3000 Teilnehmern waren bei der Eröffnung 2500 Bischöfe anwesend; somit war das 21. Allgemeine Konzil das größte in der Kirchengeschichte überhaupt.
– Stimmberechtigte Teilnehmer waren nur die Konzilsväter. Sie wurden begleitet von ihren jeweiligen Periti („Erfahrenen“, „Privattheologen“), die Konzilsberater waren und sehr großen Einfluss ausübten. Zudem durften den Sitzungen von Anfang an auch die nichtkatholischen Konzilsbeobachter beiwohnen, die − anders als ihr Name „Beobachter“ es vermuten lässt − ebenfalls auf es einwirkten.15
– Verabschiedet wurden insgesamt 16 Dokumente (Dekrete) mit 103.014 Wörtern, was eine ungeheure Masse an Texten (gerade auch im Vergleich zu früheren Konzilien) darstellt.16
Wie entstehen die Dekrete des Konzils?
Zunächst gibt es eine Geschäftsordnung des Konzils, das sein Vorgehen festlegt. Dekrete müssen, bevor sie der Vollversammlung der stimmberechtigten Konzilsväter vorgelegt werden, vorher in einem Entwurf vorbereitet werden: Dieser wird „Schema“ genannt.
In der Vorbereitungskommission des Zweiten Vatikanischen Konzils erarbeiteten vom Papst ernannte Bischöfe und Theologen − darunter auch Erzbischof Marcel Lefebvre − von 1959−1962 in 10 vorkonziliaren Kommissionen und 3 Sekretariaten solche Schemata, die teils schon vor, teils erst während des Konzils den Konzilsvätern gedruckt zur Prüfung zugeleitet wurden (fürs Selbststudium und Beratungen außerhalb des Konzils).
Das Präsidium des Konzils (10 Kardinäle) bzw. ab der 2. Sitzungsperiode die 4 „Moderatoren“ brachten dann die Schemata in der Konzilsversammlung auf den Tisch: Sie wurden jeweils kurz von einem Mitglied der zuständigen Kommission „vorgestellt“, dann folgte normalerweise die Diskussion, Stellungnahmen waren möglich, Abstimmungen, Abänderungsvorschläge an die zuständige Kommission und weitere Debatten über den Wortlaut … Am Ende der letzten Abstimmung stand dann die Promulgation (feierliche Verkündigung) des Dekretes.
Der Kampf auf dem Konzil – die Liberalen gewinnen die Oberhand
Auf dem Konzil bildeten sich bald neben der Kurie und einer Menge „unentschlossener“ Konzilsväter zwei Lager heraus, die genau wussten, wofür sie kämpften:
1.) die progressistische, sogenannte „Rheinische (oder Europäische) Allianz“, eine Gruppe liberaler Kardinäle und Bischöfe, deren Anführer fast alle aus Bistümern entlang des Rheins, d. h. aus Frankreich, Deutschland, Schweiz, Belgien und Holland kamen, darunter die Kardinäle Döpfner, Frings, Liénart, Léger, Suenens, Lercaro u. a.
2.) der konservative „Coetus Internationalis Patrum“ („Internationale Vätergruppe“), eine Gruppe von etwa 250−270 Bischöfen, die die Tradition der Kirche verteidigen wollten, unter ihnen die Erzbischöfe Geraldo de Proença Sigaud (Gründer der Gruppe), Carli, Lefebvre, und Kardinäle wie Santos, Ruffini, Siri, Larraone, Browne.
P. Ralph Wiltgen SVD, damals Pressebeobachter des Konzils, beschreibt in seinem Buch „Der Rhein fließt in den Tiber“ eindringlich und erschreckend, mit welchen Mitteln die progressistische Gruppe sich auf dem Konzil Gehör verschaffte und ihre Ansichten durchsetzte17:
– Verwerfen der geleisteten Vorarbeit: Die eindeutig katholischen Schemata, die 13 Vorbereitungsausschüsse in 3 Jahren langer Arbeit sorgfältig vorbereitet hatten − normalerweise bei Konzilien „Grundlage der Debatte, Maßstab für die Orientierung und Vorformung der Ergebnisse“18 −, wurden schon recht bald zu Beginn verworfen und durch neue Schemata ersetzt, die die Liberalen selbst bereits vorbereitet hatten.
Der damalige deutsche Theologe Joseph Ratzinger sah die Tatsache, dass kein (!) Text am Ende der ersten Session approbiert (= akzeptiert) worden war, als einen Beweis für die „starke Reaktion gegen den Geist, der hinter der Vorbereitungsarbeit steckte“ an.19
– Bruch der konziliaren Legalität: Am 13.10.1962, bei der allerersten Versammlung, hätten laut Geschäftsordnung die Mitglieder der 10 leitenden Konzilskommissionen gewählt werden müssen. Kardinal Liénart verlas jedoch (entgegen der verweigerten Erlaubnis des Vorsitzenden Kardinals Tisserant) eine provokative Erklärung, woraufhin die Abstimmung boykottiert wurde: Die vorbereiteten Listen von Konzilsvätern mit klaren Hinweisen auf die Mitglieder der Vorbereitungskommissionen wurden abgelehnt und die Wahl vertagt. Dies gab den Liberalen die Möglichkeit, eigene Wahllisten zu erstellen und zu verteilen, sodass schließlich überraschend eine unerwartet große Anzahl liberaler Konzilsväter in die Kommissionen gewählt wurde − ein entscheidender Wendepunkt für den Verlauf des Konzils.20
Ähnlich illegale Ereignisse, die nicht der Geschäftsordnung entsprachen, fanden auch später noch statt.21 Zu diesen beiden einschneidenden Ereignissen kamen noch weitere Faktoren hinzu:
– Einfluss der Presse: Der große Presseapparat der Allianz und auch die öffentliche Presse spielten bei der Beeinflussung der „unentschlossenen“ Konzilsväter eine große Rolle. Um dem entgegenzuwirken, gab auch der Coetus immer wieder Druckschriften heraus, verfügte aber nicht über die entsprechenden finanziellen und materiellen Mittel und auch nicht über die Vernetzung und persönlichen Kontakte wie die Allianz.
– Position des Papstes: Leider stellte sich auch der Papst auf die Seite der liberalen Partei (auch wenn er sich einige Male genötigt sah, Konzilsdokumenten vor ihrer endgültigen Verabschiedung autoritativ eine ergänzende Erklärung beizufügen).22 Außerdem rief er früher verurteilte (!) Theologen explizit als Berater aufs Konzil.
All dies trug dazu bei, dass sich die liberalen Ideen so durchsetzen konnten, wie sie sich dann in den offiziellen Texten beim Abschluss des Konzils niederschlugen; dadurch beeinflussten sie die nachkonziliare Zeit auf das Nachhaltigste.
Das konziliare Schlagwort von der „Erneuerung der Kirche“, der Öffnung zur Welt wurde verwirklicht: das aggiornamento [von italienisch: giorno − „der Tag“, „auf den neuesten Tag bringen“, also in etwa: „Anpassung an heutige Verhältnisse“].
Die Texte des Zweiten Vatikanums
Wie sind nun die Texte des Konzils zu beurteilen? Sind alle Texte abzulehnen? Man kann die Texte in drei Gruppen einteilen:
1) Texte, die man ohne Weiteres akzeptieren kann, da sie einfach die katholische Lehre enthalten23;
2) Texte, die zweideutig sind, d. h. die man richtig verstehen, aber auch falsch auslegen kann;
3) Texte, die der Tradition klar widersprechen, denen man also leider in keiner Weise zustimmen kann, so wie sie jetzt formuliert sind.
Ein Beispiel für Gruppe 3:
In der „dogmatischen Konstitution über die Kirche“ Lumen Gentium, Nr. 16 ist die Rede von den Moslems, die „mit uns den einen Gott anbeten“25. Diese allgemeine Aussage über den − Jesus nicht als Gott anerkennenden − Islam widerspricht der Hl. Schrift, die sagt: „Wer den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht“ (1 Joh 2,23) und: „Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht“ (Joh 5,23).
Die große Problematik mehrdeutiger Konzilstexte
Zur Mehrdeutigkeit mancher Konzilstexte machte Karl Rahner die aufschlussreiche Bemerkung,
„daß man manche und nicht unerhebliche theologische Fragen, über die man sich nicht einigen konnte, offen ließ, Formulierungen wählte, die von den einzelnen theologischen Gruppen und Richtungen auf dem Konzil noch verschieden gedeutet werden können; aber es ist nicht wahr, daß alle diese theologischen Aussagen des Konzils nur Formulierungen sind, die alles beim alten lassen [!]“26.
So wurden die Zweideutigkeiten also tatsächlich „bewußt in die Konzilstexte eingebaut, um die konservativen Konzilsväter zu täuschen. Man konnte sie in Sicherheit wiegen, indem man betonte, der Text wolle nichts anderes sagen als das, was die Kirche im Grunde immer gelehrt habe. Später aber konnte man sich dann auf diese Stellen zur Verteidigung ganz unorthodoxer Thesen berufen“ 27.
Dazu ist Folgendes zu sagen:
1.) Wenn ein Text schlechte Aussagen enthält und daneben gute, dann dienen die guten Sätze dazu, das Schlechte mit durchzusetzen.
„Diese Mehrdeutigkeit bringt die Gefahr falscher Auslegungen und erlaubt Entwicklungen, die sicher nicht in der Absicht der Konzilsväter liegen. Gewiß, die ,Formulierungen‘ sind neu und manchmal völlig unerwartet. Sie sind es, glauben wir, sogar so weit, daß sie uns nicht ,denselben Sinn und dieselbe Tragweite‘ zu bewahren scheinen wie jene, die die Kirche bis jetzt anwendete. (…) Was uns das Problem noch zu erschweren scheint, ist, daß die Ungenauigkeit der Schemata uns das Eindringen von Ideen und Theorien zu gestatten scheint, vor denen uns der Apostolische Stuhl unaufhörlich gewarnt hat.“28
2.) Bei den Texten, die sich unterschiedlich verstehen lassen, ergibt sich ein weiteres Problem: Neuerer und Konservative können sich auf genau dieselben Texte berufen! Dies stiftet nicht nur große Verwirrung, sondern leistet auch falscher Lehre Vorschub.
Da außerdem nichts dogmatisiert worden war, ging man im Namen des „Geistes des Konzils“ später oft noch viel weiter, als sich manche Konzilsväter damals überhaupt vorstellen konnten oder gar gewollt hätten!
3.) Prof. Georg May nennt in Bezug auf die Konzilstexte als formale Mängel ihre Redseligkeit, Ungenauigkeit bzw. Unbestimmtheit, ihre Inhomogenität (innere Widersprüchlichkeit) und ihr rechtliches Ungenügen.29 Im Vergleich dazu verwendeten die früheren Konzilien viel kürzere Texte und ausgesprochen präzise Formulierungen. Sehr aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch die Uneinheitlichkeit der Sprache der Konzilstexte.30
Die Hauptirrtümer der Konzilstexte
Kardinal Suenens, einer der 4 leitenden Konzilsmoderatoren, zog einmal eine Parallele zwischen dem Konzil und der Französischen Revolution: „Das Vatikanum II ist das 1789 der Kirche“31.
Papst Benedikt XVI. stellte noch als Kardinal in ähnlicher Weise fest, dass „der Text [der „pastoralen Konstitution über die Kirche in der Welt“ Gaudium et Spes] die Rolle eines Gegensyllabus spielt und insofern den Versuch einer offiziellen Versöhnung der Kirche mit der seit 1789 gewordenen neuen Zeit darstellt“.32
Das stimmt in gewissem Sinne, denn das Konzil wollte die Kirche endlich an den Geist der Neuzeit anpassen, und so finden sich die Ideen der Französischen Revolution in den drei bedeutsamsten Neuerungen bzw. Hauptirrtümern des Zweiten Vatikanums wieder:
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ≈ Religionsfreiheit, Ökumenismus, Kollegialität.33 Yves Marsaudon, ein Freimaurer des Schottischen Ritus, konnte dazu schreiben:
„Die Katholiken … sollten nicht vergessen, daß alle Wege zu Gott führen, und sie werden zugeben müssen, daß diese mutige Idee der Freidenkerei, die man zu Recht Revolution nennen kann − hervorgegangen aus unseren Freimaurerlogen −, sich herrlich über die Kuppel von Sankt Peter ausgebreitet hat.“34
In einem Vortrag über die Gefahren, die in gewissen Konzilsdokumenten schlummern (und die heute schon längst zum Ausbruch gekommen sind), nennt P. Franz Schmidberger „vor allem fünf Dekrete“, die „eine verhängnisvolle Rolle“35 spielen. Diese sind:
1. das Ökumenismus-Dekret Unitatis redintegratio,
2. die Kirchen-Konstitution Lumen gentium,
3. die Erklärung über die nichtchristlichen Religionen Nostra aetate,
4. die Erklärung über die Religionsfreiheit Dignitatis humanae,
5. die Pastoralkonstitution über die Kirche in der modernen Welt Gaudium et spes.
Eine genauere Kritik der einzelnen Dekrete würde an dieser Stelle zu weit führen, findet sich aber im genannten Vortrag von P. Schmidberger über die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Eine ganz aktuelle Zusammenfassung aller Irrtümer und Probleme im Zusammenhang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil stellt das „Bittgesuch an Papst Benedikt XVI. um eine vertiefte Untersuchung des Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils“ dar, das eine Reihe italienischer Intellektueller im September 2011 als offenen Brief an den Papst richtete (siehe den Abdruck des Bittgesuchs am Ende dieses Artikels).36
Mögliche Einwände
Einwand 1: Auf dem Konzil wurden aber doch auch „dogmatische Konstitutionen“ verabschiedet?!
Antwort: Die Bezeichnung „dogmatische Konstitution“ bedeutet nicht „dogmatisiert“, sondern dass diese Konstitution ein theologisches Thema behandelt37 (z. B. über das Wesen der Kirche), im Gegensatz etwa zu einer pastoralen Konstitution (z. B. über die Kirche in der Welt von heute). Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden also keine Akte des außerordentlichen Lehramtes gesetzt.
Einwand 2: Ist das Zweite Vatikanum nicht trotzdem unfehlbar, da es doch Träger des (unfehlbaren) ordentlichen Lehramtes ist? Alle Bischöfe der Welt waren ja anwesend, und der Ökumenismus und die Religionsfreiheit werden ja heute überall und vom ganzen Weltepiskopat gelehrt!
Antwort: Ja, das Konzil ist unfehlbar, wo es sich zur Stimme der Tradition gemacht hat, also dessen, was immer und überall gelehrt wurde: Diesem ordentlichen Lehramt kommt aber nur dann Unfehlbarkeit zu, wenn Kontinuität in Raum und Zeit gegeben ist! Aber „eine Lehre, die über lange Zeit überall in der Kirche als glaubenswidrig und unkirchlich galt, kann auf diese Weise niemals plötzlich unfehlbare Glaubensnorm werden, selbst wenn fast alle Bischöfe ihr anhangen würden“ 38. Abgesehen davon muss auch überhaupt die Absicht da sein, etwas zu definieren …
Einwand 3: Wo war dann der Heilige Geist auf dem Konzil?
Antwort: Der Hl. Geist ist dazu da, uns zur Wahrheit zu verhelfen, sagte Jesus kurz vorseiner Himmelfahrt: „Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt, wird er Euch in alle Wahrheit einführen“ (Joh 16,13).
Der Hl. Geist ist ein Geist der Wahrheit, will also die Wahrheit vom Irrtum, Licht von Finsternis scheiden. Genau das ist auch die Aufgabe des kirchlichen Lehramtes, denn es ist die Wahrheit, die den Menschen rettet – wer die Wahrheit, den Glauben verliert, ist in Gefahr, verloren zu gehen. Schlussfolgerung?
Da auf dem Konzil ausdrücklich nichts dogmatisiert und nichts verurteilt wurde, wollte man vom außerordentlichen Beistand des Hl. Geistes also offensichtlich bewusst keinen Gebrauch machen. Man kann sich also angesichts der oben angeführten Kritikpunkte nicht einfach im Nachhinein auf den von vornherein „ausgeschlossenen“ Hl. Geist berufen, der ja wehe, „wo er will“ …
Einwand 4: Die Texte sind gut, sie werden nur missverstanden und falsch ausgelegt! Dies ist die Meinung des jetzigen Papstes, Benedikt XVI. − das Konzil an sich sei gut, aber es gäbe falsche Interpretationen:
„Das letzte Ereignis dieses Jahres, bei dem ich bei dieser Gelegenheit verweilen möchte, ist der Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 40 Jahren. Dieser Anlass lässt Fragen aufkommen: Welches Ergebnis hatte das Konzil? Ist es richtig rezipiert worden? Was war an der Rezeption des Konzils gut, was unzulänglich oder falsch? […] Nun ja, alles hängt ab von einer korrekten Auslegung des Konzils oder – wie wir heute sagen würden – von einer korrekten Hermeneutik, von seiner korrekten Deutung und Umsetzung. Die Probleme der Rezeption entsprangen der Tatsache, dass zwei gegensätzliche Hermeneutiken miteinander konfrontiert wurden und im Streit lagen. Die eine hat Verwirrung gestiftet, die andere hat Früchte getragen, was in der Stille geschah, aber immer deutlicher sichtbar wurde, und sie trägt auch weiterhin Früchte. Auf der einen Seite gibt es eine Auslegung, die ich »Hermeneutik der Diskontinuität und des Bruches« nennen möchte; sie hat sich nicht selten das Wohlwollen der Massenmedien und auch eines Teiles der modernen Theologie zunutze machen können. Auf der anderen Seite gibt es die »Hermeneutik der Reform«, der Erneuerung […], unter Wahrung der Kontinuität“.39
Antwort: Allein dass die Texte solche Zweideutigkeiten aufweisen, die eine falsche Interpretation zulassen, ist schon ein schwerwiegender Fehler. Wenigstens müsste man diese also im Nachhinein klären – was für viele Stellen (immer noch) nicht geschehen ist. Allerdings hat es tatsächlich auch Versuche zur Klärung mancher Fragen durch die Glaubenskongregation gegeben − aber auch solche offiziellen Stellungnahmen sind leider oft wieder nicht eindeutig ausgedrückt, sondern versuchen durch komplizierte Formulierungen, verschiedene Positionen miteinander zu versöhnen.
Beispiel: Die für die ökumenische Frage höchst bedeutende, allerdings verschieden interpretierbare und sehr umstrittene Formulierung „subsistit in“ aus dem Konzilstext über die katholische Kirche Lumen Gentium, Nr. 8 sollte in der Erklärung der Glaubenskongregation Dominus Jesus (6. August 2000) und in deren Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche (29. Juni 2007) näher erklärt werden, da sie zu den Stellen gehört, die „in der theologischen Diskussion in Gefahr sind, missverstanden zu werden“ (Antworten auf Fragen). Im zeitgleich veröffentlichten Kommentar zu den − offenbar selbst wieder nicht ausreichend klaren? − „Antworten“ heißt es dann „Mit dem Ausdruck subsistit in wollte das Zweite Vatikanische Konzil zwei Lehraussagen40 miteinander verbinden: […]“ (Kommentar zu: Antworten auf Fragen). Wie aber sollen zwei gegensätzliche Aussagen in einem Ausdruck miteinander versöhnt werden? Derselbe Abschnitt gibt interessanterweise selbst zu: „Der katholische Ökumenismus mag auf den ersten Blick paradox erscheinen“ (Kommentar zu: Antworten auf Fragen). Man beurteile selbst, ob eine solche Erklärung lehramtliche Klarheit schafft oder nicht.
Was wir anprangern, ist also nicht nur irgendeine falsche Interpretation des Konzils, sondern seine heutige offizielle Interpretation und seine Anwendung im neuen Katechismus, im neuen Kirchenrecht, in der neuen Liturgie usw. − denn es gibt de facto einen engen Zusammenhang zwischen dem Konzil, den nachfolgenden Reformen und der heutigen Ausrichtung Roms (Assisi-Treffen etc.). Wir prangern sie an, weil diese offizielle Interpretationslinie nicht der traditionellen Lehre der Kirche entspricht, auch wenn sie jetzt Hermeneutik „der Kontinuität“ statt „des Bruchs [mit der Tradition]“ genannt wird.
Fazit
Auf dem Konzil wurden also neue, der Tradition der Kirche widersprechende, d. h. falsche Prinzipien aufgestellt, die dann in allen kirchlichen Bereichen Anwendung gefunden haben. So hat die Neuorientierung der heutigen Kirche ihren Ursprung in den Texten und im „Geist“ des Zweiten Vatikanums.
Das Konzil in seiner Summe ermöglichte und begünstigte damit die offizielle und massive Ausbreitung (des bereits zuvor schon vorhandenen) modernistischen Gedankenguts in der Kirche und es besteht ein unleugbarer − von vielen jedoch bestrittener − Zusammenhang zwischen der heutigen Kirchenkrise und dem Zweiten Vatikanum (sowie der darauffolgenden Liturgiereform).
Der Weg aus der Krise heraus kann daher nicht nur über einen wieder „praktisch gelebten“ traditionellen Glauben führen, sondern wird an einer offiziellen kritischen Auseinandersetzung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht vorbeikommen:
Es ist für die gesamte katholische Kirche notwendig, die wahren Prinzipien wieder klar herauszustellen, an ihnen festzuhalten und nach ihnen, d. h. aus dem rechten Glauben heraus, zu leben.
Ausblick
In diese Richtung der Rückkehr zu den richtigen Prinzipien geht nicht nur das schon weiter oben erwähnte Bittgesuch an den Heiligen Vater um eine revidierende Durchsicht der Konzilstexte, sondern es sind in den letzten Jahren auch einige anderweitige kritische Veröffentlichungen zum Konzil und seiner Rezeption erschienen, die viele der in diesem Artikel nur angerissenen Aspekte durch ihre Analyse untermauern. Hierzu gehört neben dem Buch „Das Zweite Vatikanische Konzil − ein ausstehender Diskurs“ (2010) von Monsignore Brunero Gherardini vor allem „Das Zweite Vatikanische Konzil − eine bislang ungeschriebene Geschichte“ von Prof. Roberto de Mattei (ebenfalls 2010).
Man sieht zwar auf der einen Seite nach gut 40 Jahren Niedergang und Glaubensverlust nach wie vor in der kirchlichen Hierarchie überzeugte Vertreter der modernistischen Lehren, die in keiner Weise an den Konzilstexten rütteln lassen wollen,41 auf der anderen Seite aber erheben sich immer mehr Stimmen, die Kritik an Konzilsdokumenten zulassen wollen42 und die die in diesem Artikel vorgestellte Sichtweise bestätigen.
Mgr. Bernard Fellay sagte dazu im Rahmen eines Interviews über die Glaubensgespräche der Priesterbruderschaft St. Pius X. mit der römischen Glaubenskongregation43
„Diese Gespräche haben es unseren Theologen ermöglicht, ohne Umwege die zentralen Punkte des Konzils darzustellen, die für das Licht der Tradition eine Schwierigkeit darstellen.
Parallel dazu und vielleicht auch wegen dieser theologischen Gespräche haben sich während dieser beiden letzten Jahre andere Stimmen als unsere Gehör verschafft. Sie formulieren Kritikpunkte, die sich mit den unsrigen über das Konzil vereinen.
So hat Mons. Brunero Gherardini, in seinem Werk „Vatikan II, ein ausstehender Diskurs“, die unterschiedlichen Grade der Autorität der Dokumente sowie den „Gegengeist“ betont, der sich von Anfang an in das II. Vatikanum eingeschlichen hat. Ebenso hat S. E. Bischof Athanasius Schneider den Mut gehabt, während eines Kongresses in Rom Ende 2010 einen Syllabus zu fordern, der die Irrtümer in der Interpretation des Konzils verurteilt. Im gleichen Geist hat der Historiker Roberto de Mattei in seinem letzten Buch „Vatikanum II, eine bislang ungeschriebene Geschichte“ die widersprüchlichen Einflüsse gezeigt, welche auf das Konzil ausgeübt wurden. Man müsste hier auch die Bittschrift der italienischen Intellektuellen an Benedikt XVI. erwähnen, die eine vertiefende Untersuchung des Konzils fordern.
All diese Initiativen, all diese Interventionen zeigen klar, dass nicht mehr die Priesterbruderschaft St. Pius X. allein die doktrinellen Probleme sieht, welche das II. Vatikanum aufwirft. Diese Bewegung breitet sich aus und kann nicht mehr gestoppt werden.“
Was tun in dieser Zeit?
„Die einzige Haltung der Treue gegenüber der Kirche und der katholischen Lehre besteht um unseres Heiles willen in der kategorischen Weigerung der Annahme der Reform. Deshalb setzen wir unser Werk der priesterlichen Ausbildung fort ohne jegliche Bitterkeit, ohne Rebellion, ohne Groll unter dem Stern des Lehramts aller Zeiten, überzeugt, dass wir der heiligen katholischen Kirche, dem Papst und den zukünftigen Generationen keinen größeren Dienst erweisen können.
Daher halten wir an allem fest, was von der Kirche aller Zeiten und vor dem modernistischen Einfluss des Konzils geglaubt und im Glauben praktiziert wurde: in der Sittenlehre, im Kult, im Katechismusunterricht, in der Priesterausbildung, in den kirchlichen Institutionen und in allem, was in den Büchern kodifiziert niedergelegt wurde.
So warten wir darauf, dass das wahre Licht der Tradition die Finsternis zerstreue, welche den Himmel des Ewigen Rom verdunkelt.“ 44
Bittgesuch an Papst Benedikt XVI. um eine vertiefte Untersuchung des Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils
Heiliger Vater!
Monsignore Brunero Gherardini, Priester der Diözese Prato und Chorherr der Petersbasilika in Rom, bestens bekannt als emeritierter Professor für Ekklesiologie an der Päpstlichen Universität des Lateran und als Dekan der italienischen Theologen, hat im Jahre 2009 an Eure Heiligkeit eine ehrfurchtsvolle und dringende Bittschrift gerichtet. Sie hatte die Eröffnung einer kritischen Debatte über die Texte des II. Vatikanums zum Ziel, einer kritischen Debatte in gemäßigtem und öffentlichem Rahmen. Diesem Schritt hat sich 2010 Roberto de Mattei, Professor für die Geschichte der Kirche und des Christentums an der Europäischen Universität von Rom und Vizepräsident des Nationalrates für Forschung, angeschlossen.
In seinem Bittgesuch schrieb Monsignore Gherardini:
„Zum Wohle der Kirche – und genauer zur Verwirklichung der salus animarum, die deren erste und suprema lex ist (vgl. CIC 1983, can. 1752) – erscheint es mir nach Jahrzehnten freier Kreativität der exegetischen, theologischen, liturgischen, historiographischen und ‚pastoralen‘ Aktivitäten im Namen des Zweiten Vatikanischen Konzils dringend erforderlich, etwas Klarheit zu schaffen, indem man in autoritativer Form Antwort auf die Frage nach seiner Kontinuität – nicht durch Behauptungen, sondern durch Beweise – mit den anderen Konzilien und nach seiner Treue zur Tradition gibt, die in der Kirche immer Geltung besaß. (…) Es erscheint in der Tat schwierig, wenn nicht geradezu unmöglich, mit der erwünschten Hermeneutik der Kontinuität den Anfang zu machen, ohne zuvor eine eingehende und wissenschaftliche Analyse der einzelnen Dokumente vorgenommen zu haben, ihrer Gesamtheit wie ihrer Einzelinhalte, ihrer unmittelbaren wie ihrer entfernten Quellen, anstatt nur fortzufahren, von ihnen lediglich zu sprechen, sei es durch wiederholtes Anführen des Inhaltes oder durch seine Darstellung als absolute Neuheit.
Ich habe gesagt, daß eine Untersuchung von solcher und so großer Tragweite in hohem Maß die Arbeitsmöglichkeit einer einzelnen Person übersteigt, nicht nur weil ein und dieselbe Aussage eine Behandlung auf verschiedenen Gebieten erfordert – auf historischem, patristischem, juristischem, philosophischem, liturgischem, theologischem, exegetischem, soziologischem, profanwissenschaftlichem –, sondern auch, weil jedes Konzilsdokument Dutzende von Inhalten berührt, die zu beherrschen allein die jeweiligen Fachleute imstande sind.
Als ich die Sache wiederholt überdachte, entstand mit der Zeit in mir die Idee – die ich jetzt Eurer Heiligkeit zu unterbreiten wage – einer umfassenden und möglicherweise definitiven Klarstellung des letzen Konzils im Hinblick auf jeden einzelnen seiner Aspekte und Inhalte. Es erscheint in der Tat logisch und angemessen, daß jeder seiner Aspekte und Inhalte in sich wie im Kontext mit allen anderen untersucht wird, mit dem Blick auf alle Quellen und aus der besonderen Perspektive des vorangehenden kirchlichen Lehramtes, des feierlichen wie des ordentlichen. Anhand einer so breit angelegten und einwandfreien wissenschaftlichen Arbeit, im Abgleich mit den sicheren Ergebnissen der kritischen Betrachtung des jahrhundertelangen Lehramtes der Kirche, wird es dann möglich sein, Argumente für eine zuverlässige und objektive Bewertung des Zweiten Vatikanums zu finden, die folgende Fragen – unter vielen anderen – zu beantworten helfen:
1. Was ist sein wahres Wesen?
2. Sein pastoraler Charakter – diesen Begriff wird man autoritativ präzisieren müssen: In welcher Beziehung steht er zu seinem eventuell dogmatischen Charakter? Ist er mit diesem vereinbar? Setzt er ihn voraus? Widerstreitet er ihm? Ignoriert er ihn?
3. Ist es wirklich möglich, das Zweite Vatikanum als dogmatisch zu definieren? Und sich demzufolge darauf als ein dogmatisches Konzil zu berufen? Kann man mit ihm neue theologische Aussagen stützen? In welchem Sinn? Mit welchen Grenzen?
4. Ist es ein ‚Ereignis‘ im Sinne der Schule von Bologna, welches also die Verbindungen mit der Vergangenheit abbricht und eine in jeglicher Hinsicht neue Ära begründet? Oder lebt in ihm die gesamte Vergangenheit fort in eodem sensu eademque sententia?
Es ist offensichtlich, daß die Hermeneutik des Bruchs und diejenige der Kontinuität von der Antwort abhängen, die man auf solche Fragen geben wird. Aber wenn die wissenschaftliche Schlußfolgerung der Untersuchung zur Hermeneutik der Kontinuität als einzig angemessener und möglicher führt, so wird es dann notwendig sein, zu beweisen – über jede Beteuerung in bloßen Worten hinaus –, daß die Kontinuität real nur in der grundlegenden dogmatischen Identität besteht und sich als solche erweist. Falls sich diese, ob gänzlich oder partiell, wissenschaftlich nicht erweisen ließe, so wäre es notwendig, dies mit Gelassenheit und Offenheit zu sagen, als Antwort auf das Bedürfnis nach Klarheit, das man seit fast einem halben Jahrhundert verspürt und dessen Erfüllung man erwartet.“[ 1]
In seiner jüngsten und sehr dokumentierten Geschichte des II. Vatikanums hat Professor de Mattei der Öffentlichkeit eine präzise und realistische Übersicht über den stürmischen unddramatischen Ablauf dieses Konzils vorgestellt. Er schließt:
„Am Ende dieses Buches sei es mir erlaubt, mich mit Verehrung an Seine Heiligkeit, Benedikt XVI. zu wenden, indem ich dem Nachfolger Petri, dem ich mich unauflöslich verbunden fühle, meine tiefe Dankbarkeit dafür zum Ausdruck bringe, daß er die Pforten für eine ernsthafte Debatte über das II. Vatikanische Konzil geöffnet hat. Für diese Debatte, ich wiederhole es, wollte ich einen Beitrag leisten, nicht als Theologe, sondern als Historiker. Allerdings schließe ich mich dem Bittgesuch jener Theologen an, die in ehrfurchtsvoller und kindlicher Art und Weise vom Stellvertreter Christi auf Erden erbitten, eine vertiefte Untersuchung des II. Vatikanischen Konzils in seiner ganzen Vielschichtigkeit und in seiner ganzen Ausdehnung einzuleiten, um die Kontinuität mit den vorausgehenden zwanzig Konzilien zu prüfen und um die Schatten und die Zweifel zu zerstreuen, die fast seit einem halben Jahrhundert der Kirche Leiden zufügen, verbunden mit der Gewißheit, daß die Pforten der Hölle sie nie überwältigen werden (Mt 16,18).“[2]
Und wir Unterzeichner, einfache Gläubige, die wir sind, wir schließen uns voll und ganz diesen ehrfurchtsvollen und erlaubten Bitten an. Wir sind gewiß, es nicht an der kindlichen Ehrfurcht gegenüber Eurer Heiligkeit fehlen zu lassen, wenn wir uns erlauben, den vier obengestellten Fragen einige andere aus den zahlreichen Fragen anzufügen, die unserer Ansicht nach ganz gewiß eine klärende Antwort verdienen, wie aus den Analysen von Monsignore Gherardini und von Theologen und Akademikern hervorgeht, die seit dem Beginn der Nachkonzilszeit sich energisch dafür eingesetzt haben, Erklärungen über das II. Vatikanische Konzil zu erhalten:
5. Welches ist die genaue Bedeutung, die dem Konzept der „lebendigen Tradition“ zuzumessen ist, die in der Konstitution Dei Verbum über die göttliche Offenbarung aufscheint? In seiner jüngsten und grundlegenden Untersuchung über das Konzept der katholischen Tradition hat Monsignore Gherardini behauptet, daß im II. Vatikanum sich eine „kopernikanische Revolution“ abgespielt hat, wenn es um die Auffassung von der Tradition der Kirche geht, weil man darin nicht klar den dogmatischen Wert der Tradition definiert hat (Dei Verbum, 8). In ungewohnter Weise findet man eine Beschränkung ad unum der beiden Quellen der göttlichen Offenbarung (Schrift und Tradition), die immer in der Kirche angenommen worden sind und die durch die dogmatischen Konzilien von Trient und des I. Vatikanums (Dei Verbum, 9) bestätigt worden sind. Und hier offenbart sich sogar ein Widerspruch zum Dogma der Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift (Dei Verbum, 11.2); denn warum wird das Privileg der Irrtumslosigkeit allein den Heilswahrheiten zuerkannt, nachdem zuvor erklärt worden ist, daß alles, was die inspirierten Verfasser niedergeschrieben haben, vom Heiligen Geist kommt? Dies nimmt sich wie ein Teil des Ganzen aus (Veritatem quam Deus nostrae salutis causae litteris sacris consignari voluit). Wenn der Heilige Geist alles inspiriert hat, was die biblischen Autoren geschrieben haben, dann muß sich die Irrtumslosigkeit auf das Ganze erstrecken und nicht nur auf die Heilswahrheiten. Also erscheint der Text als unlogisch.[3]
6. Welches ist die genaue Bedeutung, die der neuen Definition der katholischen Kirche zukommt, wie sie in der Dogmatischen Konstitution (die indes kein Dogma definiert) Lumen gentium über die Kirche enthalten ist? Wenn sie übereinstimmt mit jener aller Zeiten, daß nämlich die katholische Kirche die einzige und wahre Kirche Christi ist, weil sie die einzige ist, die durch die Jahrhunderte hindurch das von unserem Herrn und den Aposteln ihr übergebene Glaubensgut unter der Leitung des Heiligen Geistes bewahrt hat – warum hat man dann eine Änderung vornehmen wollen, indem man auf eine für den einfachen Gläubigen wenig verständliche Art geschrieben hat, die einzige Kirche Christi „subsistiere“ „in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet“ werde, während „außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“? Man muß zugeben, daß dies nie erklärt worden ist. Erscheint in dieser Formulierung die katholische Kirche nicht wie ein einfacher Teil der Kirche Christi? Ein einfacher Teil, denn die Kirche Christi umfasse auch – zusätzlich zur katholischen Kirche – „vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit“, die sich „außerhalb“ der katholischen Kirche finden? Dies hat zur Folge, daß die „einzige wahre Religion […], verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche“ (Erklärung Dignitatis humanae über die Religionsfreiheit, 1.2), jene eine „Kirche Christi“ wäre, die „Elemente“ außerhalb der katholischen Kirche umfaßt. Würde das darauf hinauslaufen, wenn man will, daß die „eine wahre Religion“ gemäß dem Konzil auch in den nichtkatholischen „Elementen der Kirche Christi“ subsistiert?
7. Welches ist die genaue Bedeutung, die man der Kirche, verstanden als „Volk Gottes“ (Lumen gentium 9–17), zumessen muß, ein Begriff, der in der Vergangenheit nur einen Teil des Ganzen bezeichnete, während das Ganze der „mystische Leib Christi“ darstellt?
8. Welche Bedeutung muß man der Unterlassung der Ausdrücke „übernatürlich“ und „Transsubstantiation“ [Wesensverwandlung] in den Texten des Konzils beimessen? Verändert diese Auslassung auch den Inhalt der Vorstellungen, wie hier und dort behauptet wird?
9. Welches ist die genaue Bedeutung des neuen Begriffs der Kollegialität? Wie muß man die Interpretation der Nota explicativa praevia, die dem Text von Lumen gentium vorangestellt ist, im Lichte der beständigen Lehre der Kirche auffassen (Diese Note wurde dort eingefügt, um die Kontroverse zwischen den Konzilsvätern zu beseitigen)? Wir beziehen uns auf die durch Romano Amerio klar zum Ausdruck gebrachten Zweifel:
„Die Nota praevia weist die klassische Interpretation der Kollegialität zurück, nach der der Papst Träger der höchsten Gewalt in der Kirche nur sei, wenn er sie auf eigenen Wunsch mit der Gesamtheit der von ihm zum Konzil einberufenen Bischöfe teile. Die oberste Gewalt ist nur dann eine kollegiale, wenn der Papst sie nach eigenem Willen überträgt. Auch weist die Nota praevia die Doktrin der Neuerer zurück, wonach der Träger der höchsten Gewalt in der Kirche das Kollegium in Gemeinschaft mit – nicht ohne – dem Papst sei, der zwar das Haupt des Kollegiums sei, aber die höchste Gewalt – auch wenn er allein handelt – nur in seiner Eigenschaft als Haupt des Kollegiums ausübe. Er wäre demnach der Repräsentant des Kollegiums. Er habe die Pflicht, dieses zu konsultieren, um dessen Zustimmung zum Ausdruck zu bringen. Diese Theorie trägt den Stempel einer mit der göttlichen Seinsweise der Kirche schwerlich zu vereinbarenden Lehre, nach der Autorität ihren Ursprung in der Mehrheit habe. Die Nota praevia richtet sich gegen die eine wie die andere Theorie und legt fest, daß die höchste Gewalt zwar im Kollegium der mit ihrem Haupt verbundenen Bischöfe liegt, das Haupt sie aber unabhängig vom Kollegium ausüben kann, das Kollegium andererseits niemals unabhängig vom Haupt“[4].
Ist es richtig, zu behaupten, daß die Zuordnung rechtlicher Gewalt – jene eines wahren Kollegiums im eigentlichen Sinn – an die Einrichtung der Bischofskonferenzen durch die Tatsache selbst die Rolle des Bischofs herabgesetzt und entstellt hat? In der Tat scheinen heute inder Kirche die Bischöfe einzeln genommen nichts mehr zu gelten (Eure Heiligkeit möge uns unsere Offenheit verzeihen). Lesen wir zu diesem Punkt noch einmal bei Amerio:
„Das noch bedeutsamere Novum in der nachkonziliaren Kirche ist, daß zur Mitwirkung aller Kreise der Kirche rechtlich definierte Organe geschaffen wurden, so die ständige Bischofssynode, die Bischofskonferenzen, die Diözesan- und Nationalsynoden, die Pastoral- und Priesterräte und dergleichen mehr. […] Die Konstituierung der Bischofskonferenzen hat zwei Dinge bewirkt: die Verformung der organischen Struktur der Kirche und den Autoritätsverlust der Bischöfe. Diese sind nach dem vorkonziliaren Recht Nachfolger der Apostel und jeweils einzeln Leiter der eigenen Diözese mit ordentlicher Vollmacht in geistlichen und zeitlichen Angelegenheiten, üben also die gesetzgeberische, richterliche und exekutive Gewalt dort aus (can. 329 und 335). Die Autorität war genau festgelegt, persönlich und – abgesehen vom Amt des Generalvikars – unübertragbar (Im Übrigen war der Generalvikar dem Bischof beigestellt – ad nutum –). […] Das Konzilsdekret über die Hirtenaufgabe in der Kirche Christus Dominus spricht der Bischofskörperschaft kollegiale Gewalt zu, d. h. die ‚höchste und volle Gewalt über die ganze Kirche‘, die in allem der des römischen Bischofs gleich wäre, wenn sie ohne dessen Zustimmung ausgeübt werden könnte. Sie wurde schon immer der vom Papst zum ökumenischen Konzil einberufenen Bischofskonferenz zuerkannt. Man stellt aber die Frage, ob eine Autorität, die nur durch eine über ihr stehende Instanz ihre Verwirklichung findet, noch als höchste gelten könne und ob sie nicht in bloße Virtualität zurückfalle, fast zu einem ens rationis werde. Es entspricht aber dem Geist des II. Vatikanums, daß der Ausübungsmodus bischöflicher Amtsgewalt, um die Kollegialität zu verwirklichen, der der Bischofskonferenzen ist.
In diesem Zusammenhang ist etwas eigenartig: Das Dekret (Nr. 37) erblickt den Entstehungsgrund dieser neuen Institution in der Notwendigkeit für die Bischöfe ein und desselben Landes, einvernehmlich zu handeln, und bemerkt nicht, daß diese – nunmehr rechtlich ausgestaltete – Gebundenheit an das Zusammenwirken das Ordnungssystem der Kirche verändert, weil anstelle des Bischofs eine Bischofskörperschaft tritt und anstelle der persönlichen Verantwortung eine kollektive, also in Bruchteilen mitgetragene. […] Mit der Errichtung der Bischofskonferenzen ist die Kirche nunmehr ein polyzentrischer Organismus […].
Die erste Folge der neuen Organfunktion ist also eine Lockerung des Bandes der Einheit [mit dem Papst], was sich in gewaltigen Meinungsverschiedenheiten über höchst wichtige Punkte gezeigt hat [z. B. über die Lehre der Enzyklika Humanae vitae vom 25. Juli 1968, welche den Gebrauch der Verhütungsmittel verbot] […].
Die zweite Folge [der neuen Organfunktion] ist der Autoritätsverlust der einzelnen Bischöfe. Sie leisten nicht mehr den ihnen Anvertrauten noch dem Heiligen Stuhl Entsprechung, ist doch die persönliche Verantwortlichkeit durch eine kollektive ersetzt, die, im gesamten Organismus bestehend, nicht mehr bei dessen einzelnen Komponenten liegen kann.“[5]
Beschränkung des Priesters auf die Rolle eines Leiters und eines Vorstehers in der Versammlung des „Volkes Gottes“
10. Welche genaue Bedeutung soll man heute dem Priestertum geben, das eine wahre Einrichtung der Kirche ist? Ist es wahr, daß seit dem Konzil der Priester vom Stande des „sacerdos Dei“ herabgesetzt worden ist zu jenem des „sacerdos populi Dei“ und in besonderer Weise beschränkt worden ist auf die Rolle eines Leiters und eines Vorstehers des Volkes Gottes und auf die Rolle eines Sozialarbeiters? In diesem Zusammenhang muß Lumen gentium 10.2 der Kritik unterworfen werden, wo scheinbar das „Amtspriestertum“ oder das „hierarchische Priestertum“ auf dieselbe Ebene gestellt wird wie das behauptete „gemeinsame Priestertum der Gläubigen“. Dies wurde indes früher allein als Ehrentitel verwendet. Dagegen behauptet der Text, daß beide aufeinander hingeordnet sind, ad invicem tamen ordinantur (siehe auch Lumen gentium 62.2). Lumen gentium 13.3 scheint das Priestertum als einfache „Funktion des Volkes Gottes“ aufzufassen; die Tatsache, daß man die priesterliche „Funktion“ des Predigens des Evangeliums an die erste Stelle setzt (Dekret Presbyterorum Ordinis über das Amt und das priesterliche Leben, 4: „…ist es die erste Aufgabe der Priester als Mitarbeiter der Bischöfe, allen die frohe Botschaft Gottes zu verkünden“), während im Gegensatz dazu das Konzil von Trient herausstellt, daß die Aufgabe des Priesters an erster Stelle damit charakterisiert sei, daß ihm „die Vollmacht übergeben wurde, seinen [Christi] Leib und sein Blut zu konsekrieren, darzubringen und auszuteilen, sowie auch die Sünden zu vergeben und zu behalten“ (DS 957/1764). Ist es wahr, daß das II. Vatikanum den kirchlichen Zölibat heruntersetzt, indem es behauptet: „Die Kirche hat die vollkommene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, die von Christus dem Herrn empfohlen, in allen Jahrhunderten bis heute […] besonders im Hinblick auf das priesterliche Leben immer hoch eingeschätzt“, doch „ist sie nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert“ (Presbyterorum ordinis 16); wäre diese Behauptung nicht gerechtfertigt durch eine falsche Interpretation von 1 Tim 3,2–5 und Tit 1,6?
11. Welches ist die genaue Bedeutung des Prinzips der „Kreativität“ in der Liturgie, die ohne Zweifel aus der Tatsache fließt, daß den Bischofskonferenzen eine weite Kompetenz auf diesem Gebiet eingeräumt worden ist, einschließlich der Möglichkeit, neue Kultformen zu erproben, um sie dem Charakter und den Traditionen der Völker anzupassen und sie soweit wie möglich zu vereinfachen? All dies ist in der Konstitution Sacrosanctum Concilium über die Liturgie vorgeschlagen: Art. 22.2 über die neuen Kompetenzen der Bischofskonferenzen; 37, 39 und 40 über die Anpassung an den Charakter und die Traditionen der Völker und über die Kriterien der liturgischen Anpassung im Allgemeinen; Art. 21 und 34 über die liturgische Vereinfachung. Wurden nicht ähnliche Erlaubnisse der Erneuerung auf liturgischem Gebiet zu allen Zeiten vom Lehramt der Kirche verworfen? Es ist wahr, daß die Konstitution Sacrosanctum Concilium immer die Kontrolle des Heiligen Stuhles über die Liturgie und die Neuerungen fordert (Sacrosanctum Concilium 22.1, 40.1 und 2), aber diese Kontrolle hat sich als wirkungslos erwiesen, wenn es darum geht, die sich in der Kirche ausgebreitete Verwüstung der Liturgie zu hindern, welche die Gläubigen von den Kirchen entfernt hat. Diese Verwüstung entfesselt sich heute weiter trotz der disziplinären Anordnung und dem Unterdrücken der Mißbräuche, wie es Eure Heiligkeit gewollt hat. Könnten kompetente Studien nicht die Gründe für dieses Scheitern ins Licht rücken? Welchen Unterschied gibt es zwischen der konziliaren Religionsfreiheit und der Freiheit des laizistischen Gewissens? Wir können natürlich nicht alle Fragen formulieren, die die Texte des Konzils aufwerfen und die in Beziehung stehen mit der gegenwärtigen Lage der Kirche. In diesem Zusammenhang erlauben wir uns, nur noch das, was folgt, hinzuzufügen: 12. Das Konzil hat zum ersten Mal in der Kirchengeschichte das Prinzip der Religionsfreiheit als ein Recht des Menschen oder als ein Naturrecht der Person verkündet, um was es sich auch handeln möge. Aus dieser Tatsache heraus soll dieses Recht als das höhere gegenüber dem
Recht der einzig geoffenbarten Wahrheit, nämlich unserer katholischen Religion als wahre Religion, im Hinblick auf die anderen Religionen verkündet werden dürfen. Und doch sind diese anderen Religionen nicht geoffenbart und kommen folglich nicht von Gott. Dieses Prinzip der Religionsfreiheit gründet sich auf die Annahme, daß alle Religionen gleich sind, und ihre Anwendung zieht als Konsequenz die Begünstigung des religiösen Indifferentismus, des Agnostizismus und letzten Endes des Atheismus nach sich. Worin unterscheidet sie sich, so wie sie vom Konzil verstanden wird, wirklich von der Freiheit des laizistischen Gewissens, das geehrt wird als „Menschenrecht“ und das die antichristliche Französische Revolution verkündet hat?
13. Scheint der gegenwärtige Ökumenismus nicht ebenfalls zu einem ähnlichen Resultat zu führen, nämlich zum religiösen Indifferentismus und dem Glaubensverlust, da sein Hauptziel nicht die Bekehrung (soweit es möglich ist) des Menschengeschlechtes zu Christus ist, sondern vielmehr seine Einheit und sogar seine Vereinigung in einer Art neuen Kirche oder Weltreligion, die imstande wäre, eine neue messianische Ära des Friedens und der Brüderlichkeit unter allen Völkern einzuläuten? Falls dies die Ziele des gegenwärtigen Ökumenismus sind – und sie finden sich bereits zum Teil in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes über die Kirche in der modernen Welt –, scheint dann dieser ökumenische Dialog nicht in gefährlicher Weise abzugleiten zu einem gewissen „Übereinkommen zwischen Christus und Belial“[6]? Müßte nicht der Dialog der postkonziliaren Kirche mit der modernen Welt überprüft werden?
Heiliger Vater,
die Bitten, die wir in diesem einfachen Bittgesuch Ihnen wagemutig vorgetragen haben, mögen gewiß einem gewissen Teil der Hierarchie mißfallen, der schon das von Mgr. Gherardini vor zwei Jahren formulierte Bittgesuch nicht geschätzt hat. Es handelt sich um jenen Teil der Hierarchie, der die außergewöhnliche Schwere der Krise, die die Kirche seit 50 Jahren heimgesucht hat, anscheinend noch nicht verstanden hat; einer Krise, deren vorkonziliare Voraussetzungen während des Konzils aufgebrochen sind, wie es das Buch von Professor de Mattei und vor ihm in kürzerer Art und Weise jenes von P. Ralph M. Wiltgen S.V.D. und von Professor Romano Amerio beweisen.
In unserer Seele und in unserem Gewissen als Gläubige scheint uns dieses Bittgesuch, das in Ehrfurcht Ihnen gegenüber verfaßt ist, in vollkommener Harmonie, so wagen wir zu sagen, mit dem Werk der Restauration, der Erneuerung und Reinigung der streitenden Kirche, die Eure Heiligkeit unternommen hat trotz des Widerstandes und der Schwierigkeiten aller Art, von denen jedermann weiß. Wir beziehen uns nicht nur auf das unbeugsame Handeln Eurer Heiligkeit gegen die Verderbnis der Sitten, die in einen Teil des Klerus eingedrungen ist, noch nur auf das Werk der Sanierung bei den wohlbekannten Einrichtungen der christlichen Nächstenliebe und Hilfe, die nur noch katholisch dem Namen nach sind. Wir beziehen uns auch auf die „Befreiung“ der Feier der Messe im alten römischen Ritus (unzutreffend der „tridentinische“ genannt, wenn man bedenkt, daß sein Kanon gemäß einer sicheren Überlieferung auf die apostolischen Zeiten zurückreicht) und der Spendung der Sakramente und des Ritus des Exorzismus gemäß dem vorkonziliaren Rituale. Wir beziehen uns auch auf die Nachlassung der Exkommunikationen, die auf den Bischöfen der von Erzbischof Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. aus bekannten disziplinären Gründen gelastet ha[ben]. Ihre Aufhebung wurde von Eurer Heiligkeitmit Ehrfurcht und Beharrlichkeit erbeten im Zusammenhang mit einem internationalen Rosenkranzkreuzzug, der zu diesem Zweck ausgerufen wurde und der eine breite Zustimmung von Seiten der Gläubigen erfahren hat.
In all diesen Anordnungen, die ohne Zweifel von größter Wichtigkeit für die Kirche sind und die Sie Motu proprio mit der vollen Autorität des Obersten Hirten getroffen haben – einer Autorität, die aus Ihrer potestas jurisdictionis über die ganze Kirche unseres Herrn Jesus Christus fließt –, in all diesen sieht unser sensus fidei als einfache Katholiken das offenkundige Werk des Heiligen Geistes. Wir schließen also unser demütiges Bittgesuch, indem wir die Hilfe des Heiligen Geistes herabrufen, damit in diesem Unternehmen der Wiederherstellung der Herrschaft Christi im Herzen der Katholizität Eure Heiligkeit auch die gewünschte Revision des Konzils einschließen kann.
Mit der Zusicherung unserer kindlichen Verehrung und unserer Ehrfurcht, In Domino et in Corde Mariae 24. September 2011
Rat, venim zzriusc iliquat ionsequi tisi bla at. Mod dolobore tie dolesequisim inisit at ad minim veliscil dolorpe riuscinit, veniam illa at aut dolor se conse dolore conullut lore et augait ut lor incinci psumsandit luptatio duip eum quis exeros ad magna ad ea feugait laorem vullaore dolorperos eugiat augue venit ad ea ad dolorerillan et adit vero dolor in henibh eugait doluptat. Ut nullupt atissim quis adionsecte tem diat dolenisis nismoluptat, sequati smodipis dolor se dionse dolorem dipit lutpatue tisit numsand iamconsecte dipit augue feuis nis elit velenim iure consequ amconsectet dip et, velit wisl ute facillutem do delendio cor si ex eugait nonsequat irilit, quat, ver adio cor accum dolortin ut vel ulputatinibh ea feum velis alisi. Etum vulla feummy nummy nosto esting ero core feugait lut aliscidunt exer si. Bore tie mod dolor si. Ad eu feugiam, conse eugait amet iriustrud tet ing er sum eu feuis aut la aut
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Zeittafel
25. Januar 1959: Papst Johannes XXIII. verkündet die Einberufung eines Allgemeinen Konzils
17. Mai 1959: Gründung der Vorbereitungs-kommission
11. Oktober 1962: Eröffnung des Konzils
03. Juni 1963: Papst Johannes XXIII. stirbt.
21. Juni 1963: Papst Paul VI. wird gewählt;
er setzt das Konzil fort.
8. Dez. 1965: Schlusszeremonie
Ablauf in 4 Sitzungsperioden
(jeweils im Herbst):
1. Session: 11. Oktober − 08. Dezember 1962
2. Session: 29. September − 04. Dezember 1963
3. Session: 14. September − 21. November 1964
4. Session: 14. September − 08. Dezember 1965
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Literaturhinweise
Amerio, Romano: Iota Unum. Eine Studie über die Veränderungen in der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert. Übersetzung aus dem Italienischen von Siegfried Gunderloch. Ruppichteroth (Kirchliche Umschau) 2000 (ital. Originalausgabe 1985)
Barth, Heinz-Lothar: Keine Einheit ohne Wahrheit! Bd. 1: Überlegungen zur antichristlichen Ideologie des Ökumenismus. Stuttgart (Vereinigung St. Pius X.) 21999 (verbessert); (inzwischen auch erschienen: Barth, Heinz-Lothar: Keine Einheit ohne Wahrheit! Bd. 2: Die Relativierung des christlichen Glaubens durch interreligliöse Aktivitäten. Stuttgart (Sarto) 2011)
Bittgesuch an Papst Benedikt XVI. um eine vertiefte Untersuchung des Ökumenischen II. Vatikanischen Konzils, veröffentlicht am 24.09.2011 auf www. riscossacristiana.it (italienischer Text); deutsche Übersetzung von pius.info auf http://pius.info/ streitende-kirche/973-folgen-der-kirchenkrise/5987- italienische-intellektuelle-bitten-um-revidierung-des-konzils, Zugriff am 08.08.2012
Denzinger, Heinrich / Hünermann, Peter (Hg.): Enchiridon symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum – Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. Freiburg i. Br., Basel, Wien (Herder) 412007 (verbessert und erweitert)
Gaudron FSSPX, Matthias: Katholischer Katechismus zur kirchlichen Krise [KKKK]. Jaidhof (Rex Regum) 1997; 21999; 32012 (aktualisiert und erweitert)
Gherardini, Brunero: Das Zweite Vatikanische Konzil – Ein ausstehender Diskurs. Mit einem Vorwort von Erzbischof Malcolm Ranjith. Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Barthold. Mülheim/Mosel (Carthusianus) 2010
Lefebvre, Marcel: Ich klage das Konzil an! Übersetzung aus dem Französischen von Prof. Heribert Gillinger und Dr. iur. Ferdinand Steinhart. Martigny (Saint-Gabriel) 1977; Stuttgart (Sarto) 2009 (franz. Originalausgabe 1976; = Dokumentation verschiedener Interventionen, die von Erzbischof Lefebvre während der Konzilssitzungen eingereicht wurden)
Lefebvre, Marcel: Offener Brief an die ratlosen Katholiken. Wien (Mediatrix); Stuttgart (Sarto) 22004
Mattei, Roberto de: Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte. Ruppichteroth (Kirchliche Umschau) 2011 (ital. Originalausgabe 2010)
May, Georg: [II. Vatikanum.] Echte und unechte Reform. Wien (Mediatrix) 1978; Stuttgart (Sarto) 22003 (verbessert)
Schmidberger FSSPX, Franz: Das Konzil und die Protestanten. Vortrag, Jaidhof (Rex Regum) 1997
Schmidberger FSSPX, Franz: Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Vortrag, gehalten am 9. April 1989 in Mainz vor der Bewegung actio spes unica. Stuttgart (Priesterbruderschaft St. Pius X.) 42008 (überarb. u. ergänzt)
Rahner, Karl / Vorgrimler, Herbert: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Freiburg i. Br., Basel, Wien 352008
Ratzinger, Joseph Kardinal: Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie. München (Erich Wewel) 1982
L’esprit et la lettre du Concile, in: Savoir et Servir, Nr. 57, [hrsg. von Mouvement de la Jeunesse Catholique de France/ MJCF]
Vennari, John: Die ständige Anweisung der Alta Vendita. Ein freimaurerischer Plan für den Umsturz in der katholischen Kirche. Jaidhof (Rex Regum) 2000
Wiltgen SVD, Ralph:, Der Rhein fließt in den Tiber. Eine Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Feldkirch (Lins-Verlag) 1988
Es folgen die Unterschriften von ungefähr
50 Persönlichkeiten, unter diesen:
1. Prof. Paolo Pasqualucci, Professor der Philosophie
2. Msgr. Brunero Gherardini, Dekan der italienischen Theologen, Dozent für Ekklesiologie
3. Msgr. Antonio Livi, emeritierter Professor der Philosophie an der Lateranuniversität
4. Prof. Roberto de Mattei, Europäische Universität in Rom
5. Prof. Luigi Coda Nunziante, im persönlichen Namen und in seiner Eigenschaft als Präsident der Vereinigung „Famiglia Domani“
6. Dr. Paolo Deotto, Direktor der „Riscossa Cristiana“, www.riscossacristiana.it
7. Prof. Piero Vassallo, Dozent der Philosophie, Condirektor der „Riscossa Cristiana“
8. Prof. Emilio Biagini
9. Prof. Paolo Mangiante
10. Prof. Primo Siena
11. Dr. Luciano Garibaldi, 12. Dr. Mauro Faverzani, 13. Dr. Virginia Coda Nunziante, 14. Dr. Pucci Cipriani, 15. Dr. Normanno Malaguti, 16. Dr. Giovanni Ceroni, 17. Dr. Paolo Maggiolo, 18. Maria Viscidi, 19. Dr. Carla D’Agostino Ungaretti, Rom, 20. Alfredo Bazzani, Verona, 21. Francesca Poluzzi, 22. Diakon Don Roberto Donati, Florenz, 23. Fabio Scaffardi, Florenz, 24. Dr. Giovanni Catanzaro, 25. Annarosa Berselli, 26. Tommaso Lopatriello, Policoro (MT), 27. Francesco Dal Pozzo, Bologna, 28. Don Marcello Stanzione und für die Fromme Vereinigung „Milizia di San Michele Arcangelo“, 29. Prof. Dante Pastorelli, Leiter der ehrwürdigen Konfraternität „S. Girolamo e S. Francesco Poverino in S. Filippo Benizi“, Florenz. Präsident der Una Voce, Sektion Florenz, 30. Maria Eleonora Bagnoli, Prato, 31. Cesaremaria Glori, Belluno, 32. Maria Matilde, 33. Calogero Cammarata, Präsident von „Inter Multiplices Una Vox“, Turin, 34. Dr. Cristina Siccardi, Castiglione Torinese (TO), 35. Dr. Carlo Manetti, Castiglione Torinese (TO), 36. Roberto Sgaramella, USA, 37. Alessandro Gnocchi, 38. Mario Palmaro, 39. Mario Crisconio, Ritter des Malteserordens, Leiter des „Pio Monte della Misericordia“ (in Neapel), Präsident von Una Voce, Sektion Neapel, 40. Enrico Villari, Ingenieur und Dr. der Philosophie, Neapel, 41. Marcello Paratore, Dozent für Philosophie,
Neapel, 42. Giuseppe De Vargas Machuca, Leiter der „Reale Arciconfraternita e Monte del SS. Sacramento dei Nobili Spagnoli“, Neapel, 43. Giovanni Turco, Universitätsdozent, Präsident von „Società Internazionale Tommaso d’Aquino“, Sektion Neapel, 44. Giovanni Tortelli, Schriftsteller, Gelehrter des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte, Floren
[1] Brunero Gherardini, Gesuch an den Heiligen Vater; im Epilog zu: Das Zweite Vatikanische Konzil – Ein ausstehender Diskurs, Carthusianus-Verlag, Mülheim / Mosel 2010, S. 233– 235.
[2] Roberto de Mattei, Il concilio Vaticano II. Una storia mai scritta, Lindau, Torino, 2010, p. 591.
[3] B. Gherardini, „Quod et tradidi vobis“. La Tradizione vita e giovinezza della Chiesa, in Divinitas, Nova Series, 2010 (53) nn. 1-2-3, pp. 165–186.
[4] Romano Amerio, Iota Unum. Eine Studie über die Veränderungen in der katholischen Kirche im XX. Jahrhundert, Edition Kirchliche Umschau, 2000, S. 92 f. [im Original Fn 5, hier wegen Auslassungen anders nummeriert]
[5] Ibid. S. 511–515, §§ 232–233. [im Original Fn 6]
[6] B. Gherardini, Quale accordo fra Cristo e Belial? Osservazioni teologiche sui problemi, gli equivoci ed i compromessi del dialogo interreligioso, Fede & Cultura, Verona 2009 [im Original Fn 7]
Dieses Bittgesuch wird verbreitet durch die Internetseite www.riscossacristiana.it, auf der sich der Text in Italienisch befindet. Übersetzung bei pius.info, http://pius.info/streitende-kirche/973-folgen-der-kirchenkrise/5987-italienische-intellektuelle-bitten-um-revidierung-des-konzils, Zugriff am 08.08.2012
Anmerkungen
1 Gaudron FSSPX, Matthias: Katholischer Katechismus zur kirchlichen Krise [KKKK]. Jaidhof (Rex Regum) 1997, 21999, S. 44; 32012 (aktualisiert und erweitert), S. 60
2 Es genügt natürlich, wenn so viele Bischöfe anwesend sind, dass die Gesamtheit des Episkopats in den anwesenden Bischöfen oder deren gesandten Stellvertretern in eindeutiger Weise repräsentiert ist – es gibt ja auch immer wieder Bischöfe, die gar nicht kommen können (etwa eingekerkerte Bischöfe aus China etc.).
3 Rahner, Karl / Vorgrimler, Herbert: Kleines Konzilskompendium. Sämtliche Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Freiburg i. Br., Basel, Wien 352008, S. 26
4 Rahner / Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, S. 31
5 Rede von Papst Johannes XXIII. zur Eröffnung des 2. Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962, in: Herderkorrespondenz, Bd. 17 (1962/63), S. 85–88, www.ub.uni-freiburg.de/fileadmin/ub/referate/04/semapp/konzil.html. Man lese dazu die interessante Analyse dieser Eröffungsrede bei Amerio, Romano: Iota Unum. Ruppichteroth (Kirchliche Umschau) 2000, S. 78–84! dieser Eröffungsrede bei Amerio, Romano: Iota Unum. Eine Studie über die Veränderungen in der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert. Übersetzung aus dem Italienischen von Siegfried Gunderloch. Ruppichteroth (Kirchliche Umschau) 2000, S. 78–84!
6 Das kommunistische Presseorgan Nouvelle France notierte in der Ausgabe vom 16.–22.01.1963:
„Sie [die kath. Kirche] ist bei ihrem Dialog mit der russisch-orthodoxen Kirche sogar die Verpflichtung eingegangen, daß es auf dem Konzil keinen direkten Angriff gegen das kommunistische Regime geben wird“ (siehe Amerio, Romano: Iota Unum, S. 76 f.).
7 L’esprit et la lettre du Concile, in: Savoir et Servir, Nr. 57, [hrsg. von Mouvement de la Jeunesse Catholique de France/ MJCF], S. 10, mit Quellenangaben. Vgl. auch Wiltgen SVD, Ralph: Der Rhein fließt in den Tiber. Eine Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Feldkirch (Lins-Verlag) 1988, S. 282–287
8 Näheres hierzu in: L’esprit et la lettre du Concile, in: Savoir et Servir, Nr. 57, S.11–21
9 Näheres hierzu und Belege bei Schmidberger FSSPX, Franz: Das Konzil und die Protestanten. Vortrag, Jaidhof (Rex Regum) 1997, S. 12–15
10 d. h. „vom Lehrstuhl/Katheder aus“ – also in seiner Funktion als Lehrer der Kirche
11 Die Unfehlbarkeit (des kirchlichen Lehramtes) besagt:
Die von Christus zur treuen Bewahrung und unfehlbaren Auslegung seiner Lehre bestellten Amtsträger bleiben bei solchen Lehrentscheidungen, welche endgültig in einer Glaubens- oder Sittenlehre die ganze Kirche verpflichten sollen, durch den Beistand Christi und des Hl. Geistes vor der Verkündigung einer falschen Lehre wirksam bewahrt; nicht die Menschen sind unfehlbar, sondern Gott ist es in ihnen. Eine unfehlbare Entscheidung ist deshalb unveränderlich. Sie verlangt unbedingte äußere und innere Unterwerfung und Annahme.
12 Denzinger, Heinrich / Hünermann, Peter (Hg.): Enchiridon symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum – Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. Freiburg i. Br., Basel, Wien (Herder) 412007 (verbessert und erweitert)
13 Nach den tieferen Ursachen fragen. Aus der Rede Kardinal Ratzingers vor den chilenischen Bischöfen, in: Der Fels, Nr. 12/1988, S. 343, zitiert nach: Gaudron, KKKK, S. 51 f.
14 Caprile SJ, Giovanni: Il Concilio Vaticano II. Bd. 5, Rom (La Civiltà Cattolica)1968, S. 688, zitiert nach Mattei, Roberto de: Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte. Ruppichteroth (Kirchliche Umschau) 2011, S. 137
15 May, Georg: [II. Vatikanum.] Echte und unechte Reform. Wien (Mediatrix) 1978, S. 21; Stuttgart (Sarto) 22003 (verbessert), S. 23, vgl. auch Schmidberger, Das Konzil und die Protestanten, S. 12–15
16 vgl. Rahner / Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, S. 35 f.
17 Selbstverständlich finden sich die folgenden Informationen nicht nur in Wiltgens Buch, sondern auch in vielen anderen, man vergleiche nur Amerio, May, neuerdings auch de Mattei etc.
18 Amerio, Iota Unum, S. 84; dort auch in Fußnote 9: „Diese bedeutsame Tatsache des II. Vatikanum[s] wird nach wie vor verschwiegen. M. Giusti, Präfekt des Vatikanischen Geheimarchivs, der anläßlich des zwanzigsten Jahrestags die Arbeit der vorbereitenden Kommission würdigt, verliert darüber kein Wort.“
19 Wiltgen, Der Rhein fließt in den Tiber, S. 61
20 Wie genau dieser schwerwiegende „Umsturz“ geplant war, kann man gut nachlesen in der Konzilsgeschichte von Mattei, Roberto de: Das Zweite Vatikanische Konzil, S. 229–237.
21 vgl. hierzu Amerio, Iota Unum, S. 84–91
22 vgl. zum Beispiel die Antwort Pauls VI. an Kardinal Larraone, in: Lefebvre, Marcel: Ich klage das Konzil an! Martigny (Saint-Gabriel) 1977; S. 62–65; Stuttgart (Sarto) 2009, S. 72–76
23 Gaudron, KKKK, S. 47 ff.
24 z. B. das Dekret über die Ausbildung der Priester
25 Rahner / Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, S. 141
26 Rahner / Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, S. 21
27 Gaudron, KKKK, S. 47 Man vergleiche hierzu auch die darüber zusammengestellten Zeugnisse bei Barth, Heinz-Lothar: Keine Einheit ohne Wahrheit. Bd. 1: Überlegungen zur antichristlichen Ideologie des Ökumenismus. Stuttgart (Vereinigung St. Pius X.) 21999 (verbessert), S. 89–93 und seine Analyse des „kontradiktorischen Pluralismus“, ebd., S. 94 ff.
28 Lefebvre, Ich klage das Konzil an, Martigny 1977, S. 49– 51; Stuttgart 2009, S. 57–59: „Brief an den Heiligen Vater über die Gefahr der Verwendung mehrdeutiger Ausdrücke, unterzeichnet von fünf Konzilsvätern“ (Juni 1964)
29 May, Echte und unechte Reform, Wien 1978 und Stuttgart 22003, S. 28–32
30 vgl. hierzu die Ausführungen bei Rahner / Vorgrimler, Kleines Konzilskompendium, S. 31 ff.
31 zitiert nach Lefebvre, Marcel: Offener Brief an die ratlosen Katholiken. Wien (Mediatrix) 1986, S. 149; Stuttgart (Sarto) 22004, S. 141
32 Ratzinger, Joseph Kardinal: Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie. München (Erich Wewel) 1982, S. 399
33 Gemeint ist sowohl die Kollegialität der Bischöfe jeweils untereinander – sie sehen sich nicht mehr einzeln in der Verantwortung (= Zerstörung der Autorität des einzelnen Bischofs), sondern handeln fast nur noch in größeren Gruppen, Bischofskonferenzen– als auch ihre Kollegialität mit dem Papst – man will seine Autorität über sich nicht mehr anerkennen (Anweisungen aus Rom werden missachtet etc.). Man denke in Deutschland etwa an die Königsteiner Erklärung, den verweigerten Ausstieg aus Schwangerenberatung, die Wiederwahl Kardinal Lehmanns, die nicht vorgenommene Korrektur der Wandlungsworte etc.
34 Marsaudon, Yves: L’oecuménisme vu par un franc-maçon de tradition. Paris (Vitiano) 91964, zitiert nach: Vennari, John: Die ständige Anweisung der Alta Vendita. Ein freimaurerischer Plan für den Umsturz in der katholischen Kirche. Jaidhof (Rex Regum) 2000, S. 37
35 Schmidberger FSSPX, Franz: Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Vortrag, gehalten am 9. April 1989 in Mainz vor der Bewegung actio spes unica. Stuttgart (Priesterbruderschaft St. Pius X.) 42008 (überarb. u. ergänzt), S. 4
36 Dieses Bittgesuch wird verbreitet durch die Internetseite www.riscossacristiana.it, auf der sich der Text in Italienisch befindet. Übersetzung bei pius.info, http://pius.info/streitende-kirche/973-folgen-der-kirchenkrise/5987-italienische-intellektuelle-bitten-um-revidierung-des-konzils
37 Die systematische Darstellung der katholischen Lehre wird als „Dogmatik“ bezeichnet, während der Begriff „Dogma“/„Dogmen“ die einzelnen verbindlichen Glaubenswahrheiten bezeichnet.
38 Gaudron, KKKK, S. 51
39 Ansprache von Benedikt XVI. an das Kardinalskollegium und die Mitglieder der römischen Kurie beim Weihnachtsempfang, Donnerstag, 22. Dezember 2005, http://www.vatican. va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2005/december/documents/hf_ben_xvi_spe_20051222_roman-curia_ge.html, Zugriff am 08.08.2012
40 Die eine hier gemeinte Aussage ist die Lehre, dass die katholische Kirche vollständig und ausschließlich die Kirche Jesu Christi ist (= vollständige Identität). Die andere Lehraussage ist, dass − wie der heutige Ökumenismus immer wieder betont − auch in den anderen christlichen „Kirchen“ Heilselemente vorhanden seien, durch die man also gerettet werden könne (= doch nicht vollständige und ausschließliche Identität der Kirche Christi mit/in der katholischen Kirche? denn dann gäbe es etwas außerhalb der katholischen Kirche, das aber ein Teil der Kirche Christi wäre …).
41 z. B. der neue Vorsitzende der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, der über die Aussagen des Konzils zu Religionsfreiheit, Judentum und Menschenrechten sagt, sie hätten „dogmatische Implikationen“ (in: Süddeutsche Zeitung, 21.07.2012).
42 42 z. B.. der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller, der über die Dokumente des Konzils zum interreligiösen Dialog und zur Religionsfreiheit sagt, sie besäßen keinen „dogmatisch bindenden Inhalt“; man müsse sie als Ausdruck des lebendigen Lehramtes „ernst nehmen“, aber ohne „die ganze Kirche binden zu wollen, damit sie diese Formel akzeptiert“ − man könne daher über diese Dokumente reden (Äußerung anlässlich einer Buchvorstellung am 21.05.2012, http://www.vaticanradio.org/ ted/Articolo.asp?c=589918, Zugriff am 08.08.2012).
43 Interview vom 28.11.2011 über die doktrinellen Gespräche mit Rom, http://pius.info/offizielle-stellungnahmen/969-internationales-presseportal-dici/6120-interview-mit-bischof-fellay-die-gespraeche-mit-rom, Zugriff: 08.08.2012, Quelle: Internationales Presseportal der Priesterbruderschaft St. Pius X. (www. dici.org).
44 Lefebvre, Marcel: Grundsatzerklärung von S. E. Erzbischof Marcel Lefebvre vom 21. November 1974, in: Damit die Kirche fortbestehe. S. E. Erzbischof Marcel Lefebvre, der Verteidiger des Glaubens, der Kirche und des Papsttums. Stuttgart (Priesterbruderschaft St. Pius X.) 1992, S. 75