Unsere Mediathek

Der Liberalismus – seine Prinzipien und seine Praxis

Erschienen in:
DGW-2014.1-Wir-die-Jugend

In seinem Buch „Sie haben Ihn entthront“ beschreibt Erzbischof Marcel Lefebvre, wie der Einzug des Liberalismus in die Gesellschaft – und dank des Zweiten Vatikanischen Konzils vor allem aber auch in die Kirche – zur Apostasie, also zum Abfall vom Glauben geführt hat und noch fortwährend führt. Die Proklamation der Menschenrechte ohne Gott, die Überhöhung der subjektiven Meinung des Einzelnen zulasten der objektiven Wahrheit, die rechtliche Gleichstellung aller religiösen Bekenntnisse, die Organisation der Gesellschaft ohne Gott – all das sind Folgen des Liberalismus. Deshalb sollen im Folgenden die Ursprünge des Liberalismus, seine Prinzipien und die jeweiligen Folgen näher erläutert werden.

Ursprünge des Liberalismus:

Nach den Enzykliken und Dokumenten der Päpste, die den Liberalismus immer wieder verurteilt haben, ist der Liberalismus auf den Protestantismus und den Naturalismus sowie auf den sich daraus entwickelnden Rationalismus zurückzuführen. Mit dem Naturalismus ist aus philosophischer Sicht die Lehre gemeint, dass alle Erscheinungen und Tatsachen der Welt rein natürlich und somit auch nur durch natürliche, materielle Ursachen erklärbar seien. Das bedeutet, dass übernatürliche, göttliche Einwirkungen auf die Welt geleugnet und für materielle Sachverhalte keine nicht-materiellen Ursachen angenommen werden. Aus theologischer Sicht verneint der Naturalismus die übernatürlichen Ursachen zur Erklärung der Welt.

Unter dem Protestantismus versteht man die Abspaltung von der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert unter Luther, Zwingli und Calvin. Merkmale des Protestantismus sind die Rechtfertigung des Sünders allein aus dem Fiduzialglauben (einem bloßen Vertrauensglauben, dass der Erlöser die Sünden nicht anrechnet, ohne sie jedoch wegzunehmen oder abzuwaschen), das allgemeine Priestertum aller Gläubigen (Ablehnung der Hierarchie und des Weihepriestertums) und die unsichtbare Gemeinschaft der Gläubigen (Ablehnung der rechtlichen, sichtbaren Organisation der Kirche). Daraus resultiert, dass die Erlösung der Menschen nur noch eine individuelle und private Angelegenheit ist und keine Auswirkung auf das öffentliche Leben mehr hat, was letztendlich den Ausschluss Gottes aus der Gesellschaft zur Folge hat.

Der Rationalismus lehrt, dass die menschliche Vernunft allein ausreiche, um alles, was es gibt, erklären zu können. Damit wendet sich der Rationalismus gegen alle Erkenntnisse übernatürlichen Ursprungs, wie beispielsweise die Offenbarung, und gegen alle sinnlichen Wahrnehmungen, also empirischen Erfahrungswerte, da er diese für unsicher und nicht gewiss hält. Der Rationalismus geht von bestimmten obersten Prinzipien aus, die als absolut gesichert an- gesehen werden und aus denen alles andere Wissen durch logische Schlussfolgerungen – nach dem Motto von Descartes „Ich denke, also bin ich“ – abgeleitet wird.

Der Liberalismus vertritt demnach, dass das vernünftige menschliche Wesen vollständig autonom ist und alles aus sich selbst zu schöpfen vermag. Die Wortherkunft von liberare (lat. für „befreien“) deutet im Sinne der liberalistischen Denkweise auf die angestrebte Befreiung von allen nicht selbst gewählten Bindungen hin. Der Zusammenhang zwischen Naturalismus, Rationalismus und Liberalismus be- steht darin, dass alle drei eine objektiv vorgegebene Realität leugnen und die Überzeugung vertreten, dass der menschliche Geist alles ändern, umwälzen, erneuern und aus sich selbst heraus erzeugen kann.

Prinzipien des Liberalismus

Der zentrale Gedanke des Liberalismus ist die Autonomie, also die Unabhängigkeit. Erzbischof Lefebvre nennt 7 liberalistische Prinzipien, in denen sich der Autonomiegedanke besonders schädlich auswirkt:

1. Die Unabhängigkeit der Wahrheit und des Guten vom Sein bzw. Unabhängigkeit der Erkenntnis vom Gegenstand: Die richtige Definition von Wahrheit ist die Übereinstimmung der Erkenntnis mit der Wirklichkeit. Eine objektiv bestehende Wahrheit kann nach diesem liberalistischen Prinzip nicht erkannt werden bzw. es gibt sie gar nicht, sondern lediglich subjektive Einzelwahrheiten: Die Erkenntnis ist unabhängig von der Wirklichkeit und jeder hat seine eigene Wahrheit. Daraus folgt, dass die Wahrheitsfrage im Liberalismus aus allen politischen, sozialen und religiösen Angelegenheiten herausgehalten werden muss.

2. Die Unabhängigkeit des Willens vom Verstand: Nach diesem liberalistischen Prinzip bestimmt der Wille den Verstand, der sich diesem unterordnet und dessen Beschlüsse lediglich umsetzt. Der Wille selber bestimmt also, was gut ist, und orientiert sich nicht mehr an der Vernunft, mit welcher der Verstand hingegen in der Lage wäre, die objektive Wahrheit zu erkennen.

3. Die Unabhängigkeit des Gewissens vom objektiven Gesetz (Naturrecht, Sittengesetz): Diesem liberalistischen Prinzip folgend muss allein das Gewissen entscheiden, ob etwas gut oder schlecht ist, es wird statt des objektiven Sittengesetzes zur höchsten Instanz in Moralfragen. Doch woher kommt das Gewissen? Es erhält vom Sittengesetz sein Wissen als Gewissen!

4. Die Unabhängigkeit der Gefühle von der Vernunft: In der heutigen Zeit heißt es immer: „Höre auf dein Gefühl!“, aber das Gefühl ist extrem wechselhaft! Wenn man Entscheidungen ausschließlich vom Gefühl abhängig macht, dann können diese am nächsten Tag schon wieder überholt sein, da man dann eben anders fühlt. Das Gefühl kann zwar Vernunft und Willen stärken, muss aber von diesen geführt werden.

5. Die Unabhängigkeit des Körpers vom Geist: Dieses Prinzip verlangt die Trennung von Körper und Geist. Der Geist soll den Körper nicht mehr beherrschen, sondern der Körper sein eigenes Recht bekommen. Dies hat die Verherrlichung der Sexualität und des Trieblebens zur Folge.

6. Die Unabhängigkeit der Gegenwart von der Vergangenheit: Heutzutage findet ein Abbruch der Tradition in allen Bereichen der Gesellschaft statt, es wird nicht berücksichtigt, dass Altes / Traditionelles nützlich und gut war, also seine Berechtigung hatte und noch immer hat, sondern alles muss neu und modern sein. Diese Unabhängigkeit der Gegenwart von der Vergangenheit hat zum heutigen Modernismus geführt.

7. Die Unabhängigkeit des Individuums von der Gesellschaft: Der Zweck unserer heutigen Gesellschaft liegt allein in der Befriedigung der Bedürfnisse des einzelnen Individuums. Das bedeutet, dass der Staat nur zur Regelung und zum Ausgleich der verschiedenen Interessen der Einzelnen in der Gesellschaft dient. Dabei geht es immer nur um das Menschenrecht, wo aber werden die Pflichten gegenüber Gott oder die Rechte Gottes berücksichtigt?

Das Grundprinzip des Liberalismus besteht, wie schon erwähnt, in der Freiheit. Doch was ist im liberalistischen Sinn mit „Freiheit“ gemeint? Die Freiheit wird als individuelle Freiheit und grundsätzlich als grenzenlos verstanden. Sie soll das Fundament sein, auf dem eine Gesellschaft aufgebaut werden soll. Alles andere in der Gesellschaft, alle Beziehungen der Menschen untereinander, müssen der Freiheit untergeordnet werden. Das bedeutet, dass die eigene Freiheit nur durch die Freiheit der anderen beschränkt werden kann. Die Bedeutung von Gerechtigkeit, Gemeinwohl, Eigentum etc. ergibt sich stets aus dem obersten Prinzip der Freiheit. In der Philosophie werden drei verschiedene Bedeutungen von Freiheit unterschieden:

  1. Die psychologische Freiheit: Damit ist die Willensfreiheit gemeint. Jeder Mensch verfügt im Gegensatz zu Tieren, die keine Seele haben und ausschließlich von ihren Instinkten geleitet werden, über Verstand und Willen. Diese Freiheit des Willens ist immer auf ein Gut gerichtet. Für die Würde des Menschen ist die Willensfreiheit wesentlich, da der Wille aus sich selbst strebt und der Mensch dadurch für seine Handlungen verantwortlich ist.
  2. Die physische Freiheit: Darunter versteht man die Handlungsfreiheit, also die Freiheit zu handeln, ohne äußeren und inneren Zwang, der uns daran hindern würde, nach dem Gewissen zu handeln.
  3. Die sittliche oder moralische Freiheit: Damit ist der Gebrauch des freien Willens in seiner Bestimmung zum Guten gemeint. Das bedeutet, dass diese Freiheit im Wesentlichen auf das Sittengesetz bzw. das Naturrecht gerichtet ist und das Gute bzw. das Böse vom Gewissen erkannt wird.Beispiel: Eine Person ist psychologisch frei, jemanden willentlich zu beleidigen; sie ist auch in der Regel physisch frei, dies zu tun, jedoch nicht moralisch. Denn man ist moralisch nur frei, das Richtige zu tun, sowie man mathematisch nur frei ist, mathematische Sätze anzunehmen. Daran kann man auch ersehen, dass die Sünde nicht zur Freiheit, sondern zu Knechtschaft führt, da gegen die Vernunft und irrational gehandelt wird.

Der Liberalismus erkennt aber nur eine der drei Freiheitsarten an, nämlich die physische, also die Handlungsfreiheit. Er versteht unter Freiheit ausschließlich die Freiheit vom Zwang. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jeder in dem Maße sündigen kann, wie es ihm beliebt, solange er nicht die Freiheit von anderen einschränkt.

Warum das liberale Prinzip absurd ist:

Wie schon gesagt, besteht das liberale Prinzip darin, dass die Freiheit einer grenzenlosen und individuellen Handlungsfreiheit gleichgesetzt wird. Die Freiheit wird als etwas Absolutes betrachtet, dem alles andere unterzuordnen ist, sie wird zum Zweck erhoben. Doch genau darin liegt die Problematik bzw. die Absurdität: Freiheit kann immer nur das Mittel zum Zweck und nicht selbst der Zweck von irgendetwas sein! Jede menschliche Handlung verfolgt einen Zweck, der Zweck der Handlung ist immer ein Gut. Um diesen Zweck, also das bezweckte Gut zu erreichen, muss man natürlich frei sein, dies auch zu tun. Somit ist die Freiheit ein Mittel, um den Zweck zu verfolgen, und nicht Selbstzweck. Gegen den Liberalismus spricht des Weiteren, dass die Freiheit des Menschen gar nicht autonom ist; dies trifft nur auf Gott zu und selbst Gott hält sich an die Vernunft. Denn nur wer Gutes tut, ist wirklich frei; wer Böses tut verliert seine Freiheit und wird unfrei. Das Gute wird aber nicht durch den Menschen festgelegt oder gemacht, sondern ist etwas Vorgegebenes, das durch das Gewissen des Menschen unmittelbar erkannt wird. Das Gute ist eine objektive, von Gott geschaffene Ordnung, die dem göttlichen Gesetz entspricht.

Weiter ergibt sich aus dem liberalen Prinzip, dass jeder Zwang im Prinzip schlecht ist. Doch dies ist nicht richtig, denn der Zwang ist nicht grundsätzlich ein Übel. Der Zwang des Gesetzes stellt keine Einschränkung der Freiheit dar, wenn das Wesen der Freiheit richtig verstanden wird: Alles in der Natur ist bestimmten Gesetzen unterworfen, die von den Naturwissenschaften entdeckt und beschrieben werden, nämlich den Naturgesetzen. Auch für den Menschen gibt es Naturgesetze: das sogenannte Naturrecht oder allgemeine Sittengesetz. Die Natur des Menschen ist es, ein vernunftbegabtes Lebewesen zu sein. Wer also gegen die Vernunft handelt, der handelt naturwidrig. Wer sich dem Sittengesetz entsprechend verhält, ist wirklich frei. Diese Freiheit wird also nicht durch das Gesetz beschränkt, sondern es wird ihr durch das Gesetz Maß und Richtung gegeben. Beispiel: Wenn man einen Kuchen backen will, dann muss man sich an die Gesetzmäßigkeiten halten, die dem Backen zugrunde liegen. Wenn man davon abweicht, dann kommt als Ergebnis kein Kuchen zustande. Das heißt, man muss sich dem Zwang des Gesetzes unterordnen, doch dieser Zwang ermöglicht es überhaupt erst, den verfolgten Zweck zu erreichen. Und dies gilt für jedes Ziel, das der Mensch verfolgt, vor allem für sein letztes Ziel: die Liebe Gottes. Gegen dieses Ziel verstößt der Mensch, wenn er gegen Gottes Gesetz verstößt. Der Zwang ist demnach heilsam, auch wenn er zunächst einschränkt oder sogar Leid verursacht, da dies in keinem Verhältnis zum Glück des ewigen Lebens steht.

Die Folgen des Liberalismus:

Der Laizismus, unter dem die Trennung von Kirche und Staat verstanden wird und aus dem eine Gesellschaft ohne Gott folgt, in der Religion ausschließlich als etwas Privates an- gesehen wird, ist eine schwerwiegende Folge des Liberalismus. Die daraus resultierenden Freiheiten, wie die Religions-, Presse- und Unterrichtsfreiheit, sollen nun näher erläutert werden:

1.) Die Religionsfreiheit: Damit ist die Freiheit gemeint, ohne jede Behinderung und Einschränkung jede beliebige Religion öffentlich auszuüben, sofern diese nicht den staatlichen Gesetzen und der öffentlichen Ordnung widerspricht. Die Voraussetzungen dafür sind:

  1. Die liberale Lehre von der Neutralität des Staates in religiösen Fragen. Um seiner Aufgabe, die verschiedenen Interessen in der Gesellschaft auszugleichen, gerecht zu wer- den, müsse der Staat angeblich neutral sein. Doch dadurch ist er nicht neutral gegenüber der Religion, sondern faktisch atheistisch. Der Atheismus oder der Agnostizismus (die Behauptung der Unerkennbarkeit Gottes) sind eindeutige Handlungen gegen die Religion und damit keinesfalls neutral.
  2. Die Auffassung, dass alle Menschen als Personen individuelle Rechte besitzen, die ihnen sozusagen angeboren sind (Menschenrechte). Aufgrund dieser Rechte müsse man jedem Menschen die freie, auch öffentliche Ausübung seiner Religion zubilligen

Wie aber die Vergangenheit und auch die Gegenwart zeigen, resultiert aus der Auffassung von der Neutralität des Staates und der daraus folgenden Gewährung der Religionsfreiheit ein massenhafter Abfall vom Glauben, was für Millionen von Seelen möglicherweise der Verlust der Glückseligkeit bedeutet. Der Staat behauptet, er sei nicht in der Lage, die wahre Religion zu erkennen, aber die Gesetzeserlasse zeigen, dass der Staat sehr wohl etwas für gut oder für schlecht befindet. Demnach kann er auch erkennen, dass die christliche Religion gut ist. Da der Islam im Widerspruch zum Christentum steht, müsste der Staat dann auch erkennen, dass der Islam nicht gut für die Gesellschaft und staatliche Ordnung ist. Ein weiterer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass nur die Wahrheit Rechte haben kann, nicht jedoch die Unwahrheit. Niemand hat ein Recht zur Lüge oder ein Recht auf Diebstahl. Man kann unter bestimmten Bedingungen diese Dinge tolerieren, um Schlimmeres zu verhindern, doch ergibt sich daraus kein Recht. Liberale hingegen behaupten, dass nicht die Wahrheit, sondern nur Personen Rechte haben. Aber wer ist denn die personifizierte Wahrheit? Christus selbst! Demnach hat er das Recht, dass die Menschen sein Recht und somit ihn anerkennen. Des Weiteren haben Personen auch kein Recht auf den Irrtum. Personen können zwar irren, aber deshalb muss der Staat ihren Irrtum nicht unterstützen und erlauben. Bei der Religionsfreiheit geht es insbesondere um die Frage der öffentlichen Religionsausübung und nicht darum, was jeder für sich privat glaubt und in seiner Wohnung praktiziert. So wie man jemanden daran hindern darf, Lügen zu verbreiten, von denen er selbst überzeugt ist, dass sie wahr seien, so darf man ihn auch daran hindern, eine falsche Religion zu verbreiten, auch wenn er glaubt, dass diese wahr sei. Aufgrund dieser katholischen Lehre vom Staat und seinem Verhältnis zur Religion muss die Kirche die Religionsfreiheit verurteilen. Die Aufgabe des Staates besteht darin, Sorge für das irdische Gemeinwohl zu tragen, indem es dem ewigen Ziel des Menschen nicht entgegensteht, sondern diesem zugeordnet ist. Da das ewige Ziel des Menschen unendlich höher steht als die irdischen Ziele, hat der Staat die Aufgabe, die wahre Religion zu fördern.

2.) Die Pressefreiheit:

Man geht heutzutage davon aus, dass die Wahrheit aus sich selbst heraus schon als Wahrheit erkannt werde und nicht unter dem Schutz vom Staat oder von Gesetzen zu stehen braucht. Wenn der Staat die Wahrheit zu begünstigen versucht, dann wird dies als Ungerechtigkeit empfunden, als ob die Gerechtigkeit darin bestehen würde, ein Gleichgewicht zwischen dem Wahren und dem Falschen herzustellen bzw. zu erhalten und einfach alle Verhaltensweisen zu tolerieren. Das ist aber falsch! Die erste geistige Gerechtigkeit gegen die Menschen besteht darin, ihnen den Zugang zur Wahrheit zu erleichtern und sie vor dem Irrtum im Voraus zu bewahren. Aus diesem Grund hat der Staat auch nicht das Recht, die allgemeine Pressefreiheit zu gewähren. Denn diese bedeutet nichts anderes, als dass jeder schreiben kann, was er will, unabhängig davon, ob es sich dabei um Lügen oder um die Wahrheit handelt. Eine unbegrenzte Freiheit des Redens und Schreibens hat zur Folge, dass nichts geheiligt, unverletzt oder verschont bleibt. Auch hier zeigt sich wieder der Versuch, die Wahrheit durch den Irrtum auszugleichen. Die absolute Wahrheit wird nicht ertragen, sondern muss durch die entgegengesetzte Meinung aufgewogen werden. Umgekehrt sei auch nichts gegen die freie Verbreitung von Irrtümern zu sagen, wenn daneben auch die Wahrheit weiter existieren dürfe.

3.) Die Unterrichtsfreiheit:

Der Unterricht darf nur Wahres enthalten, sodass den Kindern nur die Wahrheit gelehrt wird. Die Freiheit, das zu lehren, was man will, steht im Widerspruch zur Vernunft. Gerade von den Lehrern erwarten die Schüler, dass sie sie die Wahrheit lehren; sie glauben an die Autorität der Lehrer und vertrauen ihnen, sodass es für sie selbst nur schwer möglich ist, falsche Lehren aus sich selbst heraus zu identifizieren. Daher müssen dieser Freiheit Grenzen gesetzt werden. Es darf nicht sein, dass in der Schule gelehrt wird, dass alle Meinungen gleichviel wert seien und keiner die Wahrheit für sich allein beanspruchen könne, dass sich alle Meinungen gegenseitig zu tolerieren haben etc. Die Kirche beansprucht die volle Freiheit der Eltern zur Erteilung einer katholischen Erziehung und Unterrichtung ihrer Kinder. Der Staat ist weder Lehrer noch Erzieher, allein die Kirche ist mit dem Lehramt von Gott betraut worden: „Gehet hin und lehret alle Völker 8…] lehret sie alles halten, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19 f.). Der Staat soll nur die Gründung freier Schulen durch die Eltern und die Kirche fördern und sich nicht an ihre Stelle setzen. Die Staatsschule, also das Prinzip eines großen nationalen Erziehungswesens, ist von der Kirche nicht gewollt, heute aber die Praxis.

  • Wie schon erwähnt ist das Ergebnis des Liberalismus die Trennung von Kirche und Staat, dabei berufen sich Liberale auf den Satz Christi: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mk 12,17)1; sie vergessen dabei nur zu sagen, was der Kaiser denn Gott schuldet: das Königtum Jesu Christi über die Gesellschaft! Dies ist eine Glaubenswahrheit: Jesus Christus muss über die Gesellschaft genauso herrschen wie über jeden Einzelnen und die bürgerliche Gesetzgebung muss mit den Geboten Gottes übereinstimmen. Gott darf nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, denn ohne ihn gäbe es auch gar keine Gesellschaft. Doch genau das haben die Anhänger des Liberalismus gemacht, sie haben Ihn entthront!