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Die Auferstehung Christi und die moderne Naturwissenschaft

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Auf den ersten Blick scheint die Gegenüberstellung von Auferstehung Christi und Naturwissenschaft provokant. Wie soll ein Ereignis, das im Bereich der Transzendenz seine Erklärung findet, mit einer dem rein Irdischen zugewandten Wissenschaft in Verbindung zu bringen sein? Und doch hat nichts den Glauben an die Realität der Auferstehung Christi so zerrüttet wie die zeitgenössische Erforschung der Natur.

Durch die Macht und die Erfolge der Technik in den letzten hundert Jahren erlangte die moderne, sich als wertfrei verstehende Naturwissenschaft eine hohe Autorität. Für nicht wenige ist sie zur Ersatzreligion geworden. Sie hat es zustande gebracht, dass ein wahrer Kahlschlag an Glaubenswahrheiten stattgefunden hat. Der Glaube an Gott wurde vom Glauben an die Wissenschaft verdrängt. Dabei wird vergessen, dass nicht an die Wissenschaft, sondern in der Wissenschaft geglaubt werden soll, und zwar an den, der die Wissenschaft durch seine Geschöpfe überhaupt ermöglicht – an Gott.

Der Glaube der Kirche an die Auferstehung Christi

Zentraler Inhalt der christlichen Lehre ist der Glaube an die wirkliche und leibhaftige Auferstehung des gekreuzigten Jesus. Aber gerade dieses „Heiligtum unseres Glaubens“ wird nicht nur entweiht, sondern in der modernen Exegese sogar geleugnet, ungeachtet des Bekenntnisses ungezählter Heiliger, die sich ausnahmslos zum Ostergeheimnis bekannt haben. Der hl. Augustinus nannte die Ostervigil die „Mutter aller Vigilien“ und sprach von der zweifachen Auferstehung, die wir in der Osternacht feiern: die Auferstehung Christi, des Hauptes der Kirche, und die geistige Auferstehung der Glieder seines Leibes, der Gläubigen, in der Taufe oder in der Erneuerung der Taufe in der Osternacht. In der ganzen Liturgie der Osterfeier offenbart die Kirche die überschwängliche Liebe Gottes, der nicht gezögert hat, seinen eigenen Sohn zum Tod am Kreuze hinzugeben, um sein ungetreues Geschöpf zu erlösen.

Der hl. Paulus hat vor den Angriffen auf den Glauben gewarnt. In seinem ersten Brief an die Korinther wies er auf die Konsequenzen der Leugnung der Auferstehung hin, wenn er schrieb: „Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist euer Glaube nichtig; denn ihr seid dann noch in euren Sünden“ (1 Kor 15,17), mit anderen Worten: Das ganze Evangelium wäre somit falsch und unwahr. Nun hat aber Jesus selbst seine Auferstehung als Zeichen und Siegel seiner messianischen und göttlichen Würde verstanden (Joh 2,18 ff, Mt 12,38–42). Wäre also seine Auferstehung eine reine Legende, so würde er schon längst als falscher Prophet entlarvt worden sein. Auch der hl. Johannes Chrysostomus mahnte: „Ist Christus nicht auferstanden, so ist er nicht der wahre Messias, da dieser nach der Heiligen Schrift auferstehen mußte. Ist er nicht der wahre Messias, so ist er nicht derjenige, welcher der Heiligen Schrift gemäß für unsere Sünden genugtun mußte, also sind uns die Sünden noch nicht nachgelassen.“ Das würde bedeuten, dass alle, welche glauben, in Christus erlöst zu sein, sich irren. Sie sterben in Sünden und sind daher verloren (2 Kor 5,18–21). „Nicht darin besteht das Verdienst des Christen, zu glauben, daß Christus gestorben ist, sondern zu glauben, daß er von den Toten auferstanden ist.“

Der Unglaube der Mündigen

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid für das Nachrichtenmagazin Focus im April 2011 glauben 62 Prozent der Deutschen nicht mehr an die Ostergeschichte, in Frankreich (nach einer Umfrage von TNS Sofres für Le Pèlerin) einer von zehn, dafür haben sich 7 Prozent für die Reinkarnation entschieden. Dieses Ergebnis würde letztlich bedeuten, dass sich ein großer Teil der Westeuropäer von Jesus abgewandt hat. Ein Blick auf „Das Jahrhundert ohne Gott“, das mit „dekadent“ oder „verraten“ nur oberflächlich beschrieben werden kann, zeigt hier eine gefährliche Richtung in die selbst gewählte Verlorenheit, vor der Paulus gewarnt hat.

Geschichtliche Bestätigung des Todes Christi …

Jesu Tod am Kreuz unter Pontius Pilatus in Judäa ist durch nichtchristliche historische Aufzeichnungen schon früh beglaubigt worden, zunächst von Flavius Josephus (37–100), Publius Cornelius Tacitus (58–120), aber auch vom jüdischen Sanhedrin (dem Hohen Rat in Jerusalem, der obersten jüdischen religiösen und politischen Instanz und gleichzeitig dem obersten Gericht der Juden).

… und seine Auferstehung – Hypothese?

Hingegen wurde der „freudvollste Tag der Weltgeschichte“, die Auferstehung des Herrn, sein einmaliger Sieg über Sünde und Tod von Anfang an in Zweifel gezogen. Aber, wie P. Gabriel in seinem Betrachtungsbuch „Geheimnis der Gottesfreundschaft“ schrieb, erfahren „nur die ehrlichen und geraden Seelen, die mit Liebe die Wahrheit suchen und, mehr noch, die Wahrheit tun“, die Freude der Auferstehung in ihrer ganzen Fülle. Allein der Unglaube jener, die von der Wahrheit abgeirrt sind, kann sich mit absurden Hypothesen gegen das Wunder der Auferstehung auflehnen. Angefangen bei der sogenannten Betrugshypothese. Sie steht schon im Evangelium und gibt vor, die Jünger hätten den Leichnam Jesu gestohlen, während die Wachen schliefen, um dann behaupten zu können, Christus sei auferstanden. „O unglückselige Arglist“, rief Augustinus empört, „schlafende Zeugen rufst du an? Wahrlich, du selbst bist in Schlaf versunken.“ Dann die Verwechslungshypothese, die Scheintodhypothese, die Beseitigungshypothese, wonach nicht die Apostel den Leichnam Jesu fortgeschafft haben sollen, sondern irgendjemand anders.

 

Einen anerkannten Rang nimmt der Erklärungsversuch einer Evolutionshypothese ein, die davon ausgeht, „der Auferstehungsglaube sei eine ,Verdichtung‘ von damals gängigen religiösen Ideen und Erwartungen“. Nicht die Auferstehung Jesu sei ein geschichtliches Ereignis, geschichtlich sei nur der Glaube an die Auferstehung, also die Überzeugung ohne jegliche Ursache sei geschichtlich. Es wird auf die alttestamentlichen Verheißungen und Erwartungen verwiesen, „auf die hellenistischen Mythen und Mysterien von den sterbenden und wiederauferstehenden Göttern sowie auf die spätjüdische Apokalyptik mit ihren Auferstehungs- und Entrückungsvorstellungen“.

 

Am hartnäckigsten hält sich die subjektive Visions- oder Halluzinationshypothese, eine moderne, psychologisch aufbereitete Version, die aus der liberal-protestantischen Theologie hervorgegangen ist und seit Mitte des 20. Jahrhunderts immer stärker auch die katholische Theologie durchdrungen hat, wonach die durch Christi Tod tief betrübten Jünger so verwirrt wurden, dass sie durch die Sinnestäuschungen ihrer überreizten Phantasie glaubten, Christus tatsächlich gesehen zu haben. Diese Annahme ist allein schon deshalb völlig irrig, weil die Jünger der Auferstehung Christi den größten Widerstand entgegengebracht haben. Die beiden Emmaus-Jünger hatten ihre Zukunft auf ein anderes Ziel gesetzt. Sie hofften, dass Christus „Israel erlösen werde“ (Lk 24,21). Doch als sie dies auf ihrem Weg zurück nach Emmaus erwogen, hatte die Erlösung bereits stattgefunden. Im Grunde hatten sie die Erlösung gar nicht realisiert, weil sie das Ereignis um Jesus nur auf das Irdische bezogen. So wanderten sie wieder nach Hause, während die anderen Jünger zu ihrem Beruf zurückkehrten. Auch die frommen Frauen dachten nicht an die Auferstehung, als sie hingingen, den Leichnam Jesu zu salben, um ihn vor der Verwesung zu schützen.

 

Das Faktum der Auferstehung ihres Herrn zeigte sich später im Verhalten der Jünger, nachdem ihnen Jesus erschienen war. Denn dieselben Männer, die geflohen waren und am Glauben an den mächtigen Wundertäter Jesus zu zweifeln begannen, als sie erfuhren, wie qualvoll ihr Meister unter dem Gelächter der Menge am Kreuz verstorben war – sie wirkten später die gleichen Wunderheilungen wie Jesus und waren stolz darauf, für ihn leiden und sterben zu dürfen, und zwar einzig aus der Gewissheit, dass auch sie wie ER einst auferstehen werden. Diese Zuversicht hat sie geistig unbesiegbar gemacht. Grundlage für das Zeugnis von der Auferstehung Jesu ist daher nicht der Glaube daran, sondern die Tatsache seiner Auferstehung.

Thomas – der Naturwissenschaftler

Sowohl die Evangelien als auch die Apostelgeschichte berichten von der Begegnung Jesu mit seinen Jüngern, von seinen Unterweisungen an sie – und zwar nach seinem Tod am Kreuz. Besonders eindrücklich schildert das Johannesevangelium am Beispiel des Apostels Thomas die Bekehrung zum Glauben an die Auferstehung des Herrn. Bei der Erscheinung Jesu im Jüngerkreis am Abend des Auferstehungstages war er nicht dabei gewesen. Gegenüber den begeisterten Berichten über das Wiedersehen mit ihrem Meister verhielt er sich daher ablehnend. Er wolle zuerst mit seinen Händen tasten und das Mal der Nägel sehen und die Hand in Jesu Seite legen, bevor er sich auf „das Wagnis des Glaubens einlassen“ könne. So gesehen, war der hl. Thomas der Naturwissenschaftler unter den Aposteln, der nur glaubte, was er „sehen“ und „be-greifen“ konnte. Doch Thomas sank, nachdem er den Herrn gesehen hatte, auf die Knie mit den Worten: „Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20,28) und bekannte damit, dass Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Thomas hat den Namen Gottes geheiligt – als Vorbild für die Wissenschaftler, die mit ihrer Forschung den Namen des Vaters nicht vergessen, sondern heiligen sollen. Stattdessen fordern sie Erklärungen, die es jedoch für den Glauben nicht geben kann.

Erkenntnistheoretisch ist die Auferstehung des Herrn mit den Wahrnehmungen jener verbunden, denen der Herr erschienen ist. Daher gibt es nur eines: Entweder ist der Herr mir selber erschienen, oder ich glaube jenen, denen er erschienen ist. Tertium non datur – ein Drittes gibt es nicht. Dasselbe gilt für die Wundertaten Christi: Entweder war ich selber dabei, als Jesus die Wunder wirkte, oder ich glaube jenen, die dabei gewesen sind.

 

Die Widerfahrnisse der modernen Theologen

Trotz der von den Evangelien und der 2000- jährigen Lehre der Kirche verkündeten Auferstehung Christi behauptet nach wie vor eine liberal-rationalistische Theologie, diese habe sich lediglich im Glaubenserlebnis der Jünger manifestiert, sie könne nicht als ein historisches Ereignis betrachtet werden. „Historisch läßt sich nur feststellen …, daß Menschen nach dem Tode Jesu ein ihnen geschehenes Widerfahrnis behaupteten, das sie als Sehen Jesu bezeichneten.“ Und dieses „Sehen“ habe dann zur Schlussfolgerung geführt, Jesus sei auferstanden. Die Jünger hätten in ihrem Innern die Gewissheit erfahren, dass die „Sache Jesu“ weitergehe, d. h., dass der Meister ihnen nahe sei und in einer geistigen Weise unter ihnen weiterlebe. Ostern ist daher für nicht wenige zeitgenössische Theologen nicht mehr das Zentraldatum des christlichen Glaubens, schon gar kein grundsätzlicher Neuanfang, sondern nur die Voraussetzung, dass die „Sache Jesu“ weitergeht.

Vordenker dieser Ideologie ist der evangelische Theologe Rudolf Bultmann, bekannt durch seine historisch-kritische Methode als Programm zur Entmythologisierung der Evangelien. Seine zentrale These lautete: „Man kann „nicht elektrisches Licht und Radioapparate benutzen, in Krankheitsfällen modern medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben“, weil „mit dem modernen Denken [d. h. mit der Denkweise der zeitgenössischen Naturwissenschaft, Anm. d. A.] die Kritik am neutestamentlichen Weltbild gegeben“ sei. Ebenso würde sich „durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geister- und Dämonenglaube“ erledigen. Der Auferstehungsglaube ist daher für Bultmann „nichts anderes“ als der Glaube an das Kreuz als Heilsereignis, d. h. an das eschatologische Geschehen des Kreuzes.

In der Formulierung von der „Auferstehung“ hätte das „Sehen“ der Jünger seinen Niederschlag gefunden und schließlich auch seine Dogmatisierung durch das kirchliche Lehramt. Das Dogma entspreche somit nicht einer historischen Tatsache, es sei lediglich ein Bild, ein Symbol für einen geistigen Vorgang, ein „Interpretament des Sehens“, das sich in der Seele der Jünger abgespielt habe. Ein solches Interpretament könne man aber nicht verobjektivieren oder historisieren, es sei eine bloße Reflexionsaussage.

 

Was soll man als suchender oder im Glauben wankender Mensch mit solchen „Interpretamenten“ anfangen, die im Vergleich zu den Texten der Liturgie, jener der Evangelien und der Schriften der Heiligen von einer erschütternden Dürftigkeit sind. Da wirft man doch am besten den ganzen Glauben über Bord. Unzählige haben dies in den letzten Jahrzehnten getan. Wie schon erwähnt weiß ein Großteil der Westeuropäer mit Ostern nichts mehr anzufangen.

 

Sind Wunder lediglich literarische Fiktionen?

Nicht nur die Auferstehung Christi, auch seine Wundertaten werden angezweifelt, wenn nicht gar geleugnet. Wissenschaftsgläubige Theologen lehnen die Wunder ab, da sie meinen, eine Durchbrechung der Naturgesetze sei nicht möglich. So gerieten diese unter das Seziermesser einer aufgeklärten Theologie, die vor allem die Naturwunder zu bloßen literarischen Fiktionen reduziert hat. In all diesen Fällen beruft man sich auf die Geisteshaltung der modernen Naturwissenschaft, weil der „neuzeitliche Wandel in der Erfahrung von Welt und Geschichte bezüglich der Wunder Jesu zu einer doppelten Problematik führt: zu einer historischen und zu einer naturwissenschaftlichen. Die historische Skepsis gegenüber den Wunderberichten verlangt deren sorgfältige Prüfung, das naturwissenschaftliche Denken fordert eine grundlegende Neubesinnung auf den Wunderbegriff überhaupt.“ Zweifellos ist dem modernen Menschen das mythische Weltbild abhandengekommen. Mithilfe der historisch-kritischen Methode wird versucht, der Theologie eine Sicherheit aufzuzwingen, die nur die exakten Naturwissenschaften erbringen können.

Die Antwort des Naturwissenschaftlers Bruno Vollmert auf die Wissenschaftsgläubigkeit modernistischer Theologen war eindeutig: „Offenbarte Wahrheit und Wunder sind dem Experiment nicht zugänglich, und experimentell prüfbare Zustandsänderungen sind nicht Gegenstand des Glaubens.“ Die Wahrheit kann nicht veralten, so Max Thürkauf, und die Kirche ist der Wahrheit verpflichtet und darf sich nicht von einer Wissenschaft bedrängen lassen, „die ihren schnellen Fortschritt in der schnellen Veralterung ihrer Richtigkeiten sieht. Wissenschaftliche Theorien können mitsamt ihren Richtigkeiten veralten … Die Wahrheit der Botschaft Christi ist zeitlos. Die Aufgabe der Theologen kann es nicht sein, das Christentum dem Zeitgeist anzupassen … Vielmehr besteht [ihre Aufgabe] darin, die Evangelien in der Sprache von heute zu verkünden …, [d. h.] die Evangelien sollen in der Sprache, aber nicht im Geist von heute interpretiert werden.“

 

Deutliche Worte kamen auch vonseiten des bekannten Philosophen Dietrich von Hildebrand. Er sprach von einer „Fetischisierung“ der Wissenschaft im Hinblick auf das Bestreben, aus der Wissenschaft eine Religion zu machen. Sämtliche Bereiche des menschlichen Lebens sollen vom Standpunkt der Wissenschaft aus betrachtet werden. Es geht nicht mehr um die Wahrheit, sondern nur um das naturwissenschaftlich Beweisbare. Die Wissenschaft würde eine Art Götze, dem ohne Zögern alles Übrige geopfert werde. „Es geht um eine Vergötterung der Naturwissenschaft und ihrer Methoden … Nicht Wahrheit, sondern Wissenschaft ist das Idol.“

 

Die vergangenen Jahrhunderte haben uns gelehrt, dass sich die Wissenschaft ständig weiterentwickelt, sie kann uns daher von Natur aus niemals absolut sichere Erkenntnisse verbürgen, sondern nur wahrscheinliche, weil einmal gewonnene Ergebnisse durch neue ersetzt werden. Für Kant war die Physik Newtons noch das Beispiel für Gewissheit schlechthin. Jedoch haben Newtons Theorien anderen Platz gemacht. „Die Frage, ob Wunder geschehen, ist eine Sache des gesunden Verstandes und der ganz normalen historischen Phantasie, nicht aber des abschließenden physikalischen Experiments. Die alberne Pedanterie, bei Berichten von übersinnlichen Erscheinungen auf ‚wissenschaftliche Rahmenbedingungen‘ zu dringen, können wir uns getrost sparen.“

 

Das Haupterkenntniswerkzeug der modernen Naturwissenschaft

Etwas muss den Argumenten Bultmanns und seinen Epigonen zugestanden werden: Sie scheinen die Diskrepanz zwischen der naturwissenschaftlichen Wirklichkeit und jener der Evangelien erahnt zu haben. Doch setzten sie das Messer an der falschen Stelle an. Sie wollten die Evangelien beschneiden, dabei hätten sie sich die Methoden der modernen Naturwissenschaft näher anschauen sollen. Diese können lediglich über die Meß- oder Machbarkeit der Dinge eine Aussage machen. Die Transzendenz, der metaphysische Gehalt oder gar die Heilsbotschaft der Evangelien bleiben einer solchen Wissenschaft verschlossen.

 

 

1. Die mechanistisch-deterministische Betrachtungsweise:

Die Ausführung lautet: Naturforscher, denke dir die Welt als einen Mechanismus … Diese Denkungsart ist für manche Bereiche der Welt mit mehr oder weniger Erfolg anwendbar. Ihre Anwendbarkeit wird jedoch dort problematisch, wo das Leben auftritt. Und zwar ist die mechanistische Denkweise um so weniger anwendbar, je höher das Leben entwickelt ist. Wohl sind sogar beim Menschen Phänomene mechanistischer Art feststellbar, jedoch machen sie im Vergleich zur ganzen Wesenheit des Menschen einen verschwindend kleinen Teil aus.

 

2. Das systematisch-reproduzierbare Experiment:

Mit anderen Worten: Naturforscher, nimm deine von deinem Geist gelenkten Hände und bringe den gedachten Mechanismus im Laboratorium hervor … Nur was auf solche Weise hervorgebracht werden kann, hat den Rang des in der modernen Naturwissenschaft Bewiesenen. Alles andere ist Hypothese oder bloße Spekulation. Das Experiment ist also ein zweischneidiges Schwert; es ist sowohl Erkenntniswerkzeug als auch Erkenntnisgrenze. Systematisch-reproduzierbar bedeutet, dass das Experiment unabhängig von der Person des Experimentators in jedem entsprechend ausgerüsteten Laboratorium beliebig viele Male durchführbar sein muss. Das Haupterkenntniswerkzeug der modernen Naturwissenschaft verlangt einerseits den Ausschluss jeder menschlichen Individualität und steht andererseits unter dem Sachzwang des reproduzierbaren Hervorbringenkönnens.

 

3. Das differenziell-kausale Prinzip:

Die Ausführung lautet: Naturforscher, wende die Mathematik als Werkzeug an (speziell die Differenzial- und Integralrechnung) und berechne sowohl den gedachten als auch den im Laboratorium hervorgebrachten, den gemachten Mechanismus. Bei dieser dritten Methode erweist es sich, dass ihre Wirksamkeit dort endet, wo das Leben beginnt. Je höher ein Lebewesen entwickelt ist, um so geringer ist der Anteil des Berechenbaren. Das Unberechenbarste, das es gibt, ist der Mensch.

Dies ist die Methodentrilogie der modernen Naturwissenschaft, und wie die Erfolge der Technik zeigen, ist es möglich, mit diesen Methoden wirksame und vor allem zweckmäßige Naturforschung zu betreiben. Doch diese Naturforschung beschränkt sich nur auf Kopf und Hand, auf Denken und Experimentieren, was jedoch keinesfalls der Daseinstatsächlichkeit des Menschen entspricht, der eine Ganzheit von Kopf, Herz und Hand, von Denken, Fühlen und Handeln, von Geist, Seele und Körper ist.

Die Götter der Wissenschaft

Wie sehr die Welt den Machern der Technik huldigt und weniger den Denkern in der Wissenschaft, ist am Beispiel des Amerikaners Thomas Alva Edison zu erkennen. „Edison ist als Erfindergenie wie ein Gott verehrt worden, weil die staunenden Massen sich nicht vorstellen konnten, daß ein Mensch solche Maschinen machen kann: die Wunder der Technik. Die Verehrung galt der Person, die Unbegreifliches hervorbringen konnte; man nannte ihn den ‚Zauberer von Menlo Park‘. Der Schöpfer der Welt, der als Mensch gewordener Gott sich das Leben, das die Menschen ihm genommen hatten, wieder gegeben hat – wie müßten wir ihn verehren, wenn wir ihn als das erkennen würden, was er ist: Gott, der Schöpfer der Welt, die auch für den intelligentesten Wissenschaftler – falls er ein Realist ist – unermeßlich unbegreiflicher ist als alle Technik. Er ist die Person, die alle Personen erschaffen hat, schafft und schaffen wird, auch Edison und alle Wissenschaftler und Techniker. Wie müßten wir diese Person verehren! Tun wir das? Würden wir ihm wenigstens die Ehre geben, die wir einem berühmten Menschen geben.“

„Wunder sind Tatsachen“

Am Beispiel der spontanen Heilung des Benediktinerbruders Leo Schwager aus dem Benediktiner Kloster Uznach in der Schweiz, der am 30. April 1952 in Lourdes in Gegenwart einer großen Menschenmenge von einer Sekunde zur anderen von „Multipler Sklerose im Endstadium“ geheilt wurde, soll gezeigt werden, dass es zweifellos spektakuläre Wunder gibt.

 

Nach Augenzeugenberichten wurde der schwer Gelähmte, der kaum einer Bewegung fähig war, beim eucharistischen Segen durch den Erzbischof von Lyon, Kardinal Gerlier, sozusagen aus dem Krankenwagen geschleudert. Der Kardinal war so erschrocken, dass er beinahe die Monstranz fallen ließ. Denn da lag der junge Benediktiner wie vom Blitz getroffen vor ihm und war vollkommen gesund. Wie genau die Heilung zustande kam, hat niemand gesehen, es konnte nur die Tatsache konstatiert werden: Bruder Leo ist gesund und geht an der Seite des Schweizer Pilgerarztes, Dr. med. H. Jeger von Chur, frei und ohne Beschwerden zurück in seine Unterkunft.

 

Um einen naturwissenschaftlichen Beweis dieser Heilung von Bruder Leo erbringen zu können, hätte der ganze Vorgang wiederholt werden müssen, und zwar als systematisch-reproduzierbares Experiment (siehe oben): Bruder Leo, ein zweites Mal todkrank auf seinem Pritschenwagen, wäre nach dem Segen des Erzbischofs mit dem Allerheiligsten in der Monstranz erneut gesund vor ihm gelegen. Um als wissenschaftlicher Beweis zu gelten, müsste dieser Vorgang beliebig mal wiederholt werden. Und dennoch bliebe den Wissenschaftsgläubigen die Frage nach dem Wie der Heilung ungeklärt, denn dass es nicht der Herr im heiligsten Sakrament gewesen sein kann, steht für sie fest. So bleibt auch hier nur – wie so oft – als letzte Erklärung nicht der Einbruch einer anderen Welt in unsere Vergänglichkeit, sondern der „Gott“ Zufall.

Trotz offensichtlicher wunderbarer Ereignisse finden nicht einmal die Veröffentlichungen über Wunderberichte, die im Laufe der Kirchengeschichte bekannt wurden, Gnade bei den sich auf die historisch-kritische Methode berufenden Theologen. „Man ist offensichtlich nicht einmal in der Lage, Wunder, die heute geschehen, zur Kenntnis zu nehmen, selbst wenn sie glaubhaft bezeugt und medizinisch nachgewiesen sind“, klagt die evangelische Theologin Eta Linnemann. Die Aussagen Bultmanns und seiner Epigonen sind nicht neu. Seitdem die neuzeitliche Naturwissenschaft ihren Siegeszug angetreten hat, finden natürliche Erklärungsgründe Zugang in die Theologie. Pfarrer Richard Kocher ging in seiner Dissertationsschrift „Herausgeforderter Vorsehungsglaube“ diesen Fragen nach. Er zitiert aus Darwins Autobiographie, wo dieser berichtet, wie er dazu kam, nicht mehr an das Christentum als eine göttliche Offenbarung zu glauben; dabei äußerte er sich auch zu den Wundern, die ihm umso unglaubhafter wurden, „je mehr wir von den feststehenden Naturgesetzen kennenlernen“.

 

Viele Ereignisse, die in früheren Zeiten als Wunder betrachtet wurden, würden sich heute ganz natürlich erklären lassen. Eines Tages, so Darwin, werde es möglich sein, alle Wunder auf naturwissenschaftlicher Basis zu erklären; alles wäre somit nur eine Frage der Zeit. Pfarrer Kocher kommentiert: „Was der Mensch früher von der Huld einer Gottheit erwartete oder von einem Wunder, ist im heutigen wissenschaftlich-technischen Zeitalter ‚machbar‘ geworden.“ Als weiteres Beispiel nennt er den Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker. Für ihn waren die technischen Errungenschaften ebenfalls Maßstab in der Beurteilung der Evangelien. Im ersten Band seines Werkes „Tragweite der Wissenschaft“ meinte von Weizsäcker: „Die äußerlich sichtbarsten Wunder, von denen religiöser Glaube berichtet hat, waren die Speisung der Hungrigen, die Heilung der Kranken und die Zerstörung menschlichen Lebens durch unbegreifliche Macht; die technisierte Landwirtschaft und das Transportwesen, die moderne Medizin und Kriegstechnik tun genau solche Wunder.“ Das ist reine Wissenschaftsgläubigkeit oder, wie mein Mann an einer Stelle sagte: „Wissenschaftsaberglauben“.

Vom gesunden Menschenverstand aus gesehen ist es natürlich unhaltbar anzunehmen, dass Wunder irgendetwas mit elektrischem Licht oder mit Naturwissenschaft zu tun haben könnten. Die Naturwissenschaft kann (siehe oben) mit ihren Methoden Wunder weder beweisen noch widerlegen, da ihr Erfahrungsbegriff ein anderer ist als jener der Theologie, die offen ist für die Wundertaten Gottes. Die Theologie rechnet sogar mit dieser Möglichkeit – oft gegen alle Hoffnung.

 

Worauf also beruhen dann die Wunder? Die Antwort ist so schlicht, dass sie den wissenschaftsgläubigen Theologen kaum zugemutet werden kann: Denn die Wunder beruhen darauf, dass Gott die Welt aus dem Nichts erschaffen hat, und daher muss er die Welt – wie Walter Hoeres dies mit der ihm eigenen Anschaulichkeit in einem Vortrag geschildert hat – so lange über dem Nichts halten, wie sie existiert. Er muss also im Innersten mit den Geschöpfen mitwirken. Darauf beruht nun die Möglichkeit, dass er jederzeit, wenn er es für angemessen hält, irdische Erscheinungen aufhalten kann. Damit ein Wunder geschehen kann, muss Gott mitwirken. Auch hier gilt: „Ohne Mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Auf der Logik des Schöpfungsgedankens also beruht die Möglichkeit der Wunder. „Diese Weisheit ist in der modernen Theologie verloren gegangen, der 2000-jährigen Tradition der Kirche ist dies aber bekannt.“

Die begrifflichen Zweideutigkeiten in der Theologie

Dieser Kirche ist auch bekannt, dass begriffliche Zweideutigkeiten notgedrungen zu Verunsicherung im Glauben führen. Nun aber wird in der neuen Theologie mit Vorliebe nicht von der Auferstehung Christi, sondern von der Auferweckung gesprochen. Das ist in sich nicht falsch. Von Auferweckung kann man sprechen, wenn dieser Begriff im Zusammenhang mit Gottvater genannt wird: „Gott hat ihn von den Toten auferweckt …“ (Röm 10,9), wie der hl. Paulus in seinem Römerbrief schrieb. Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Als wahrer Mensch wurde er von Gottvater von den Toten auferweckt. Als wahrer Gott hingegen ist Jesus als Sieger über den Tod von den Toten – und zwar „aus eigener Kraft“ – auferstanden. In diesem Sinne hat er auch seine Jünger über das, was an ihm geschehen würde, unterrichtet, dass er, nachdem er getötet worden sei, am dritten Tag wieder auferstehen werde (Mk 9,30). Und dies secundum carnem, nach dem Fleische, also in seiner Leibhaftigkeit.

 

Trotzdem werden Stellen, die in der Vulgata eindeutig von „Auferstehung“ sprechen (Si autem Christus non resurrexit … – „Wenn aber Christus nicht auferstanden ist“, 1 Kor 15,14) mit „Auferweckung“ übersetzt („Ist aber Christus nicht auferweckt worden …“). Der folgende Vers 15 zeigt klar, dass die Vulgata ein eigenes Wort für „Erweckung“ gebraucht: … quoniam testimonium diximus adversum Deum quod suscitaverit Christus – „weil wir wider Gott bezeugt haben, daß er (nämlich Gott- Vater) Christus auferweckt habe“. Auch die bekannte und wohl älteste Osterakklamation surrexit Dominus vere – „Der Herr ist wahrhaft auferstanden“ (Lk 24,34) erfährt eine irreführende Übersetzung, wenn wir lesen: „Wahrhaft ist auferweckt der Herr“.

 

Warum diese Vermischung der Begriffe? Soll damit vielleicht impliziert werden, dass Jesus doch nicht wahrer Gott ist, die zweite Person der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, sondern nur „der Mann von Nazareth“, der Revolutionär, der Prophet, dem man demnach auch keine Anbetung schuldet? Das faktische Erliegen der eucharistischen Anbetung könnte diesen Schluss zulassen. Tatsache ist jedenfalls, dass diese Vermischung der Begriffe zu einer Verunsicherung im Glauben geführt hat und immer noch führt, wenn nicht gar zum Glaubensverlust.

Was den Begriff des Glaubens anbelangt, so hat er auch bei Walter Kasper eine Neuinterpretation erfahren. Für ihn bedeutet der Glaube „nicht ein Fürwahrhalten von wunderbaren Tatsachen und von autoritativ vorgelegten Glaubenssätzen; er steht und fällt vielmehr damit, daß einer bereit ist, sich auf Gott als dem Grund und Ziel seiner Existenz einzulassen“. In seinem Buch „Einführung in den Glauben“ spricht er davon, dass Dogmen „durchaus einseitig, oberflächlich, rechthaberisch, dumm und voreilig sein“ können. Es gehe bei den Dogmen „nicht um unfehlbare Sätze, sondern um eine unfehlbare ‚Sache‘“.

 

Die Botschaft Jesu ist jedoch keine „Sache“, sie ist ein unfassbares Heilsgeschehen – ein Mysterium. Und die Dogmen führen uns in dieses Mysterium ein. Sie sind von bleibender Gültigkeit, weil der entscheidende Inhalt nicht von zeitgeistigen Theologen erfunden, sondern vom Heiligen Geist verbürgte Wahrheit ist, unabhängig von jeder historischen Situation. Aber weil der Glaube, die Dogmen, naturwissenschaftlich nie bewiesen werden können, sind sie für die modernistischen Theologen auch nicht verbindlich.

 

Werfen wir einen kurzen Blick auf das Zeugnis des hl. Paulus. Bei ihm lesen wir im Hebräerbrief, dass der Glaube nicht eine vage Meinung ist aufgrund einer persönlichen Erfahrung, sondern „eine Zuversicht dessen, was man hofft, eine feste Überzeugung von dem, was man nicht sieht“ (Hebr 11,1). Er ist die Unterordnung von Verstand und Wille, und zwar wegen der Autorität des offenbarenden Gottes selbst, der weder sich täuschen noch täuschen kann. Daher kann man nicht von einer Evolution des Glaubens sprechen. Jesus selbst hat uns über diesen Punkt genau unterrichtet. Bei Johannes lesen wir: „Wenn jener aber kommt der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit einführen“ (Joh 16,13). Der Kirchenvater Irenäus von Lyon (130–200), Schüler von Polykarp, der vom hl. Johannes zum Bischof von Smyrna bestellt worden war, bestätigte dies, als er schrieb: „Denn nachdem unser Herr von den Toten auferstanden war und sie [die Apostel] durch das Kommen des Heiligen Geistes mit Kraft von oben ausgerüstet wurden, da wurden sie mit Gewißheit über alles erfüllt und erhielten vollkommene Erkenntnis.“

 

Eine klare Stellungnahme erhalten wir vom Ersten Vatikanischen Konzil, das festhielt: „Wer sagt, die menschlichen Wissenschaften seien mit einer solchen Freiheit auszuüben, daß ihre Behauptungen, auch wenn sie der geoffenbarten Lehre widerstreiten, als wahr festgehalten und von der Kirche nicht verworfen werden können: der sei mit dem Anathema belegt.“ Das bedeutet, dass die Kontinuität in der Entwicklung der Glaubenssätze gewahrt werden muss, damit zwischen früheren und späteren Lehren kein Bruch entsteht.

Zeugnisse

Vernehmen wir den Münchner Kardinal Faulhaber, der seinen Äußerungen zufolge, eine tiefe Ahnung von den Zusammenhängen zwischen Wissenschaft und Glaube gehabt haben muss. In einem Gespräch mit Albert Einstein sagte dieser zu ihm: „Eminenz, ich achte die Religion, aber glauben tu’ ich an die Mathematik. Bei Ihnen wird es wohl genau umgekehrt sein, wie?“ Nein, soll Kardinal Faulhaber geantwortet haben, Religion einerseits und Mathematik andererseits sind mir nur verschiedene Ausdrucksformen derselben göttlichen Exaktheit.

Einstein soll über diese Aussage sehr verblüfft gewesen sein und gefragt haben: Gesetzt den Fall, die mathematische Forschung würde eines Tages ans Licht bringen, dass gewisse Erkenntnisse der Wissenschaft nicht mit dem Glauben der Religion in Einklang zu bringen sind. Was dann? Die Antwort des Kardinals: „Ich schätze die Mathematik so hoch ein, daß ich dies nicht als endgültig hinnehmen könnte. Und ich würde dann auf solche Leute wie Sie hoffen, die nicht ruhen werden, ehe sie den Rechenfehler gefunden haben.“

Eine höchst zutreffende und auch weise Antwort. Sie zeigt die richtige Haltung der Kirche zum Spannungsfeld Wissenschaft/Glaube und beweist, dass der Glaube keinen Grund hat, sich vor der Wissenschaft zu fürchten.

Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang die Äußerungen eines vom Buddhismus zur katholischen Religion konvertierten englischen Professors für indische und tibetische Philosophie an der Universität Bristol. Auf die Frage, warum er ausgerechnet zum christlichen Gottesglauben gefunden habe – es hätte ja genauso gut der jüdische, islamische oder sonst eine Form des Monotheismus sein können – bekannte er, dass wie für den hl. Paulus so auch für ihn die Auferstehung Jesu das Fundament des christlichen Glaubens sei und die Leugner der Auferstehung bisher keine überzeugende Erklärung der neutestamentlichen Darstellungen vorgebracht hätten, im Gegenteil: Die besseren Argumente sprächen nach wie vor dafür, die Auferstehung Jesu als historisch zu betrachten, und zwar im buchstäblichen Sinn. Dieser ehemalige Buddhist war sogar der Meinung, dass man Jesus nach der Auferstehung hätte fotografieren können.

Daher führen all jene theologischen Positionen in die Irre, die meinen, „entmythologisieren“ zu müssen, und in den Berichten vom leeren Grab nur eine bildliche Redeweise dafür sehen wollen, dass die „Sache Jesu“ weitergehen soll. Den Leugnern hält der ehemalige Buddhist einen Ausspruch des schon erwähnten hl. Polykarp von Smyrna entgegen, demzufolge der Leugner der Auferstehung als der „Erstgeborene des Satans“ zu gelten habe.

Das ist sicher eine harte Sprache. Aber fragen wir uns doch einmal, welche Haltung Jesus selbst dem Unglauben gegenüber eingenommen hat? Wie hat er sich darüber geäußert, als er sah, dass die Jünger nur mit Mühe an seine Auferstehung glauben konnten. Beim hl. Markus (16,14) im Evangelium zu Christi Himmelfahrt können wir es nachlesen: „In jener Zeit, als die elf Jünger zu Tisch saßen, erschien ihnen Jesus. Er rügte ihren Unglauben und ihre Herzenshärte, da sie denen nicht geglaubt, die Ihn nach Seiner Auferstehung gesehen hatten.“ Hier haben wir eine klare Stellungnahme Jesu zum Unglauben der Jünger. Er rügt ihre Herzenshärte, und es ist erschütternd festzustellen, dass diese Herzenshärte auch nach 2000 Jahren noch bei seinen Jüngern zu finden ist.

 

Eine eher originelle Beweisführung ist vom verstorbenen juristischen Experten und internationalen Politiker Sir Lionel Luckhoo bekannt. Im „Guinness-Buch der Rekorde“ erscheint er für beispiellose 245 aufeinanderfolgende Freisprüche in Mordprozessen. Dieser Experte für Mordfälle bekräftigte sein Vertrauen in die prozessuale Beweiskraft der Auferstehung, als er schrieb: „Ich habe mehr als 42 Jahre als Strafverteidiger in unterschiedlichen Weltteilen verbracht und praktiziere den Beruf immer noch. Ich habe das Glück gehabt, eine Reihe von Erfolgen in Gerichtsverfahren zu sichern, und ich sage ausdrücklich, daß der Beweis für die Auferstehung Jesu Christi so überwältigend ist, daß er zur Anerkennung anhand des Beweismaterials zwingt, das nicht den geringsten Platz für Zweifel läßt.“ Diese Zweifel, so meinte er, überlasse er den modernistischen Theologen.

 

Die Wahrheit des Wunders der Auferstehung Christi war bis zur Aufklärung eine selbstverständliche Tatsache. Durch die Ersatzreligion „Naturwissenschaft“ begann man die Wunder zu bezweifeln. Wenn man ein Wunder als ein Ereignis definiert, das physikalisch-chemisch nicht erklärbar ist, so besteht zwischen der Geburt des Lazarus und seiner Auferweckung (durch Christus) oder zwischen der alljährlichen Brotvermehrung auf den Kornfeldern und der Brotvermehrung des Herrn in der Wüste kein Unterschied. Beide Wunder, das eine als Schöpfungstat Gottes, das andere als Eingriff Gottes in die Schöpfung, sind wissenschaftlich nicht erklärbar. Das Wunder der Brotvermehrung auf den Kornfeldern wird uns bewusst werden, wenn der Hunger in unseren zubetonierten Ländern einkehrt und keine Wissenschaft uns Brot zu geben vermag.

 

Die Behauptung, der Zeitabstand von 30 bis 40 Jahren zwischen dem Tod Christi und der Abfassung der Evangelien sei so groß, dass im Nachhinein nichts Sicheres über den genauen Hergang gesagt werden könne, ist ein gängiges Argument. Doch dies kann auch auf andere historische Personen angewendet werden, z. B. auf Alexander den Großen. Als seine Berichterstatter ihre Erinnerungen aufschrieben, lag Alexanders Tod weiter zurück als der Tod Jesu für die Evangelisten Matthäus und Markus. Überdies ist die Quellengeschichte zu Alexander problematischer als die zu Christus. Erstens waren seine Berichterstatter Politiker, und die haben bekanntlich einen eigenen Stil, Geschichte zu schreiben. Zweitens sind ihre Schriften gar nicht erhalten geblieben. Wir wissen nur durch den Schriftsteller Arrian von Nikomedien von ihnen, und der lebte nochmals vier Jahrhunderte später. Es ist wohl nicht bekannt, dass jemals an der Echtheit der Existenz von Alexander d. Gr. gezweifelt worden wäre.

 

Weil die Evangelien mehr sind als eine gute Botschaft, „scheitern die Erklärungen der Alleserklärer“ immer wieder von Neuem. Das hindert sie allerdings nicht, für sich jene Unfehlbarkeit zu beanspruchen, die sie dem Papst absprechen. Bernhard Shaw blökte als theologischer Laie, als er sagte, er halte die Evangelisten für glaubwürdiger als all ihre theologischen Rezensenten. „Wenn es sich so verhalten hätte, wie die Entmythologisierungstheologen meinen, würde es diese Theologen gar nicht geben. Denn für diese dialektische Relativierung der Auferstehung des Herrn wäre niemand gestorben, und das heißt: es hätte keine Märtyrer und somit kein Christentum gegeben. Der englische Kulturphilosoph C. S. Lewis hat sich zu diesen ‚Relativitätstheologien‘ in folgendem Sinn geäußert: Jetzt mußten wir armen Christen nahezu zweitausend Jahre glauben, Christus sei von den Toten wahrhaft auferstanden, bis uns endlich ein Herr Professor belehrt, daß das bloß als eine Metapher für das immer wiederkehrende Leben zu verstehen sei.“

 

Die Leugner der Auferstehung Christi beklagen ja ständig die mangelnden wissenschaftlichen Beweise. Für jene, die sich keiner Wahrheit verschließen, gibt es tatsächlich wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Historizität Jesu Christi, seines Leidens, seines Todes und seiner Auferstehung. Diese Beweise sind im Grabtuch von Turin zu finden, das man mit guten Gründen als das fünfte Evangelium bezeichnen kann. Die wissenschaftlichen Ergebnisse zeitigen eine überwältigende Fülle unbestreitbarer Tatsachen. Diese Erkenntnisse lassen die Unbelehrbarkeit der Grabtuchgegner immer grotesker erscheinen, die nach wie vor behaupten, es handle sich um eine „Fälschung“, schreibt der Rechtswissenschaftler Wolfgang Waldstein in seinem wertvollen Buch „Neueste Erkenntnisse über das Turiner Grabtuch“. Unzählige inzwischen völlig zweifelsfrei festgestellte Tatsachen haben immer klarer gemacht, dass eine Fälschung vollkommen ausgeschlossen ist. Kein Fälscher der Welt hätte die auf dem Grabtuch feststellbaren „Informationen“ auf das Tuch bringen können. Man kann sagen, dass Experten sämtlicher Wissenschaftszweige sich mit dem Grabtuch aus Turin beschäftigt haben: Ärzte, Hämatologen, Physiker, Ingenieure aus verschiedenen Sparten, Archäologen, Historiker, Kriminologen und Atomforscher. Aber da die Ergebnisse die heute verbreiteten Theorien der sogenannten Bibelwissenschaft klar widerlegen, dürfen sie nicht existieren. Frei nach Christian Morgenstern, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

 

Wer nach wie vor die Unechtheit des Grabtuches behaupten will, müsste eigentlich den Beweis erbringen, dass all die festgestellten Tatsachen in Wahrheit nicht existieren. So z. B. die 204 Pollen, die der Schweizer Spezialist für Mikroorganismen, Dr. Max Frei identifizieren konnte. Ein Großteil dieser Pollen stammt aus Palästina. Die Herkunft des Tuches aus Palästina ist nicht nur durch Pollen bezeugt, sondern auch durch Blüten und Pflanzen, von denen die Pollen stammen. Dazu kommt, dass viele der Blüten auch gerade nur zu der Jahreszeit blühen, in der die Bestattung Christi stattgefunden hat.

 

Die wissenschaftliche Arbeit dieser Experten ersetzt nicht den Glauben, aber wenn man vor diesem Grabtuch steht, erkennt man jenseits des Glaubens, was hier vorgefallen sein muss. P. Werner Bulst SJ stellte mit Recht fest: „Der Glaube ist mehr als bloße Erkenntnis. Aber Erkenntnisse, wie sie über das Grabtuch gewonnen wurden, ermöglichen den Glauben.“ Und der „weltbekannte englische Exeget, John A. T. Robinson, der durch seine sehr liberalen Bücher Aufsehen erregt hatte, sagte zum Abschluss seines Referates auf dem Turiner Kongress 1978, wer von der Echtheit des Turiner Grabtuchs überzeugt sei (was noch nicht glauben bedeutet), befinde sich in einer Situation, die [jener] der Jünger am Ostermorgen vergleichbar sei. Das dürfte einer der Gründe für die oft fanatische Opposition gegen das Turiner Grabtuch sein.“

Wer Gelegenheit hatte die Original-Sindone in Turin zu betrachten, ist trotz der Schattenhaftigkeit des Abbildes des Gekreuzigten überzeugt, Ihn gesehen zu haben.

 

Viele Forscher in den USA und Europa, auch der russische Forscher Dimitrij Kusnetzow, sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Vorgang stattgefunden haben muss, bei dem sich die Struktur der Atome verändert hat. Der amerikanische Regisseur Joachim Andrew Sacco, der einen Dokumentarfilm über das Grabtuch drehte, fasste deren Forschungsergebnisse folgendermaßen zusammen: „Die Wissenschaftler konnten im Test durch Computer-Simulation nachweisen, dass der Körper im Grabtuch einen Vorgang durchgemacht hat, der ihn in einen neuen Raum versetzt hat. Die Struktur seiner Atome hat sich neu geordnet. Dieser Körper trat in eine ‚Super-Ordnung‘ über. Dabei wurde viel Energie abgestrahlt, die das Bild auf dem Tuch erzeugt hat. Wir werden all das detailliert in dem Film ‚The Shroud‘ darstellen.“

Obwohl diese Ergebnisse bereits mehrfach publiziert wurden, haben sich die Medien bisher nicht dafür interessiert. Sie ergötzen sich an ihren immer wieder neuen Meldungen von der „Fälschung des Turiner Grabtuchs“.

Es ist im Grunde eine Ironie, dass nun die modernsten Wissenschaften, auf die sich die zeitgenössischen Theologen immer beziehen, uns die Echtheit des Turiner Grabtuchs bestätigen, die wissenschaftsgläubigen Theologen hingegen das Ergebnis dieser von ihnen bewunderten Wissenschaft ablehnen. Wer nicht sehen und hören will, für den sind erwiesene Tatsachen unerträglich.

 

„Ein Naturwissenschaftler, der es mit seiner Wissenschaft ernst nimmt, der also nicht wissenschaftsgläubig ist, hat keine Mühe, an Wunder zu glauben. Wer aber bloß physikalisch-chemisch denkt, wird die Existenz von Wundern bestreiten, weil er mit diesem verengten Denken bloß weiß wie, aber nicht weiß, was Chemie und Physik sind. Das Was würde ihn zum Wer führen, zu Gott, der die Materie erschaffen hat – und den Menschen, der sie mit seinem Geist zu erforschen vermag.“