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Die Hauskirche von Dura Europos (233 n. Chr.)

Erschienen in:
DGW-2014.1-Wir-die-Jugend

Die Heimat des Christentums ist der Orient. So entstanden auch die ersten christlichen Gemeinden zuerst in der Umgebung, in der Jesus gelebt und gewirkt hatte. In den ersten 300 Jahren gab es noch keine Sakralbauten. Das Christentum war noch nicht als Religion anerkannt und hatte keinen juristischen Status, deshalb konnten die Gemeinden nicht Eigentümer von Gebäuden und Land sein. Zudem wurden die Christen der ersten 300 Jahre verfolgt und mussten sich meist an geheimen Orten versammeln.
Versammelten sich die Juden zu Gebet und Schriftlesung in den Synagogen und zur Opferdarbringung im Tempelbezirk in Jerusalem, so versammelten sich die ersten Christen in nachapostolischer Zeit in Privathäusern bzw. in „Hauskirchen“, die meistens von einem Gemeindemitglied zur Verfügung gestellt wurden.

Die älteste vorkonstantinische archäologisch nachgewiesene „Hauskirche“ wurde 1932 im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Irak bei Ausgrabungen in DURA EUROPOS am Euphrat entdeckt.

Dura Europos wurde im 3. Jahrhundert vor Christus gegründet und war im Römischen Reich Teil der Provinz Syrien-Mesopotamien. Diese „Hauskirche“ war ursprünglich ein gewöhnliches Wohnhaus mit Räumen, die sich auf einen Innenhof öffneten. Der Bau lässt sich durch eine in den weichen Putz geritzte Inschrift etwa auf 231–233 n. Chr. datieren. Ob das Haus sofort dem christlichen Kult diente, wissen wir nicht. Aber in jedem Fall hatten die Christen ungefähr ein Jahrzehnt später den Bau in ihrem Besitz. Die Räume wurden zum Teil vergrößert, sodass das Haus einer kleinen Gemeinde von 50 bis 60 Personen als Versammlungsstätte dienen konnte. Ein kleinerer, als Baptisterium gedeuteter, Raum wurde mit Wandmalereien ausgestattet, die Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zeigen: so z. B. Adam und Eva, David und Goliat, den guten Hirten, Jesus und Petruswandelnd auf dem See, Frauen am leeren Grab Christi.
Für die kleineren Gemeindezentren, die sich mit der wachsenden Zahl der Christen im 3. Jahrhundert über das ganze Reich ausbreiteten, dürfte der Kultbau in Dura Europos typisch sein. Mit geringem Aufwand wurden die notwendigen Veränderungen an dem bestehenden Bau durchgeführt: ein Versammlungsraum für den Hauptkult, Nebenräume für weitere Kulthandlungen wie Taufe und Firmung sowie für die sozialen Aufgaben der Gemeinde. Trotz des Umbaues hatte die „Hauskirche“ in Aufbau und Aussehen den Charakter eines Wohnhauses beibehalten. Es handelt sich um eine reine Nutzarchitektur ohne jeden Repräsentations- und Öffentlichkeitscharakter.
Der Versammlungsraum hatte eine Größe von 13 mal 5 Metern. An der Ostseite fand man eine Erhöhung entweder für eine Cathedra („Bischofsthron“) oder für einen Altar. Ein Altar an dieser Stelle wäre einleuchtend, weil man weiß, dass schon in frühester Zeit nach Osten zelebriert wurde. In vielen Völkern war und ist es Sitte, sich zum Gebet nach Osten, zur aufgehenden Sonne auszurichten. So finden wir auch einen Hinweis im Alten Bund im Buch Ezechiel (43,1): „Dann führte er mich zu dem Tor, das nach Osten gerichtet ist. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Osten her“.

Im kleineren Baptisterium (Taufraum) befand sich ein Bassin mit einem gemauerten Baldachin darüber, an den Wänden die bereits erwähnten Wandmalereien. Ein Bassin war damals überall für den Taufritus gebräuchlich, da der Täufling ganz untergetaucht wurde. Man verstand das Becken auch symbolisch als Grab, in das der Täufling gelegt wurde, um nach dem Auftauchen als „auferstandener“ neu getaufter Christ, den „alten Menschen hinter sich lassend“, emporzusteigen.¹
Die Hauskirche von Dura Europos gibt uns also einen kleinen Eindruck aus der Frühzeit des Christentums, wie die Christen sich damals versammelten und noch keine eigenen Kultgebäude und Sakramentalbauten hatten.

1 Man sah und sieht die Taufe auch heute noch als „Wiedergeburt aus Wasser und Geist“ (Joh. 3,5 f.).