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Die priesterliche Mutter

Erschienen in:
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Auf der Suche in unseren Bücherständen bin ich auf ein kleines, unscheinbares Büchlein gestoßen mit dem einfachen Titel „Priestermütter“ von P. Robert Quardt, den ich hier als kurze Einleitung in das Thema zitieren darf. Er stellt sich darin die Frage nach der Ursache des heutigen Priestermangels und schreibt dazu: „Brennender denn je ist heute die Frage des Priesternachwuchses. Viel wird in dieser Hinsicht erwogen, gesagt, geschrieben und getan und bei allem denkt man wohl zu wenig an die Mütter, bei denen, nächst Gott, gleichsam wurzelhaft die Lösung der Frage liegt. (…) Die Frage des Priesternachwuchses ist weithin eine Frage der Mutter, die selbst priesterlich gesinnt, den priesterlichen Geist den Söhnen vermittelt.“

Schon Erzbischof Lefebvre war die Priesterausbildung das wichtigste Anliegen. Nicht umsonst sind wir Anhänger einer Priesterbruderschaft. Wir junge Frauen können keine Priester werden, doch unsere Aufgabe ist eine andere! Hätten die Frauen diese Aufgabe verstanden, die wenigsten würden nach Emanzipation und Gleichberechtigung schreien, im Gegenteil …

Bevor wir uns jedoch der Mutterschaft zuwenden, betrachten wir kurz das Priestertum und die Aufgabe des Priesters.

Was ist das Priestertum?

Das Priestertum ist die Fortführung des Hohen Priestertums Jesu Christi hier auf Erden: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21). Um also das katholische Priestertum besser zu verstehen, müssen wir einen ganz kurzen Blick auf die Sendung Jesu Christi und sein Priestertum werfen.

 

Jesus hat zwei Naturen, eine göttliche und eine menschliche, und eben dadurch wird er seinem Wesen nach zum Mittler zwischen Gott und den Menschen: „Unser Herr ist also aufgrund seines Wesens Mittler, wie es kein anderer ist, denn er vereinigt in seiner Person die menschliche und die göttliche Natur.“

Somit wird klar, dass der sterbliche Mensch, der eben keine göttliche Natur hat, nicht Mittler und somit auch nicht Priester im vollen Sinne sein kann. Er steht als Priester in Abhängigkeit zum wahren Mittler, Jesus Christus, welcher sein Priestertum „vervollkommnet“. Erst durch die Vereinigung mit SEINEM Hohen Priestertum kann er selbst wirklich Priester sein. Sodann kann er in eben dieser Vereinigung sagen: „Das ist MEIN Leib, das ist MEIN Blut“. „Die Priester sind wie eine zusätzliche Menschheit für unsern Herrn Jesus Christus. Er wird in seinen Priestern von neuem Mensch, und das ist so wahr, daß, sobald sie den Altar emporsteigen und die Konsekrationsworte sprechen, die die Gnade der Erlösung fortsetzen und die wirkliche Gegenwart Unseres Herrn Jesus Christus auf dem Altar herbeiführen, die Priester nicht mehr sie selbst sind.“

Erzbischof Lefebvre erläuterte hierzu: „Daß Gott menschliche Wesen erwählen wollte, um die Menschen zu heiligen, daß er sie für die Fortsetzung seines Werks der Erlösung weihen wollte, indem er ihnen sein eigenes Opfer anvertraute, was für ein Geheimnis!“

 

Auf dem Höhepunkt seines Leidens, am Kreuz, hat Jesus seine Mittlerschaft erfüllt: „In welchem Moment seines Lebens hier auf Erden hat unser Herr dieses Lob, diese grenzenlose Liebe, die er für seinen Vater hatte, am vollkommensten zum Ausdruck gebracht? Er hat es selbst gesagt: In seiner erhabensten Stunde am Kreuz. (…) ‚Alles ist vollbracht‘ (vgl. Joh 19,30)“.

Die Gnaden des Opfers auf Golgatha, die Jesus Christus als Mittler uns erworben hat, fließen durch seine Nachfolger weiter. Er wollte sich der Menschen bedienen, um seine Gnade weiterzugeben.

An dieser Stelle nun könnte man sich fragen: „Welche Rolle spielen dabei die Frauen? Priester dürfen sie nicht werden. Werden sie von der patriarchalischen Kirche wieder einmal hintangestellt und vernachlässigt? Oder wie sieht ihr Wirken im Plane Gottes aus?

Nein, vernachlässigt werden sie ganz bestimmt nicht! Die Frauen haben ihre eigene große Aufgabe: Es ist die christliche Mutterschaft und damit auch die priesterlich gesinnte Mutterschaft, die sich im priesterlichen Geist einer Mutter widerspiegelt.

Betrachten wir die großen Heiligen, die großen Päpste, Bischöfe und Priester, einen hl. Pius X., einen hl. Don-Bosco, sie wurden alle durch Gebet und Opfer, ja durch das Beispiel ihrer Mütter, auf ihrem priesterlichen Lebensweg begleitet. Ja, der hl. Don-Bosco hat die Erziehungskunst seiner Mutter weitergeführt und sich damit die Herzen vieler Jungen erobert. Seine Erziehungsprinzipien leben bis heute weiter.

Die priesterliche Mutter

Wenden wir uns nun der Frau als – priesterlich gesinnter – Mutter zu, deren Aufgabe vor allem im verborgenen Opfer, in der stillen Pflichterfüllung und in der verborgenen, innigen Beziehung zu Gott liegt, um den Segen auf ihre Familie herabzubeten.

Im Buch Genesis ruft Eva nach der Geburt Seths aus: „Gott hat mir Nachkommenschaft gegeben, anstelle von Abel, den Kain getötet hat“ (Gen 4,25).

„Gott hat mir gegeben“!

Ausdrücklich wird hier ein Partizip benutzt, denn es ist Gott, der hier aktiv war, die Frau hat empfangen. Und wozu hat sie empfangen? Um weiterzugeben.

Das Kind, das sie empfangen hat, ist aus dem Reichtum SEINES göttlichen Lebens. Gott hat das Werk begonnen, und zuallererst darf die Frau es empfangen und die Schöpfung Gottes fortsetzen.

Père Jean-Dominique Fabre OP beschreibt dieses große Geschenk Gottes an die Frau folgendermaßen: „Die Mutterschaft ist das Werk Gottes in der Frau. Ihr Körper ist wie ein Tempel, in dem Gott eine ewige Seele erschafft und so einen Menschen formen wird.“

Wie könnte eine Mutter das besser weiterführen, was Gott ihr geschenkt hat, als dass sie ihm einen Diener, einen Mittler zwischen Gott und den Menschen gleichsam „zurückgibt“, der nur zur Ehre Gottes und zum Heil der Seelen wirkt. Sicherlich: Wenn jemand zum Priestertum berufen ist, so hat er diese Berufung schon von Beginn an von Gott erhalten, und es ist eventuell problematisch, von einem „Zurückgeben“ zu sprechen. Vielleicht ist er aber gerade deshalb zum Priestertum berufen, weil Gott sah, dass genau diese Mutter für ihn opfern und beten würde. Wie heißt es doch: „Wir tun die Dinge nicht, weil Gott sie weiß, sondern er weiß um sie, weil wir sie tun.“

Es braucht eben unser Mitwirken. Gott braucht uns kleine Menschen zur Verwirklichung seiner Pläne, was für ein Geheimnis!

Da die Mutterschaft das bevorzugte Werk Gottes in der Frau ist, ist sie auch auf bevorzugte Art die Einheit des Herzens mit dem Herzen Gottes.

So wie eben der Mann und Vater eher durch den Verstand und sein Schaffen Gott ähnlich ist, so ist es die Frau durch die Liebe. Sie bildet eine gewisse Einheit mit dem Herzen Jesu, durch das sie reich beschenkt wird und aus diesem Schatz weiterschenken kann.

Ein indisches Sprichwort drückt dies schön in den Worten aus: „Das Lied, das ruhig im Herzen einer Mutter liegt, singt auf den Lippen ihres Kindes.“

Wohlgemerkt, es liegt verborgen im Herzen der Mutter, wie ein Schatz. Die Liebe der Mutter wirkt meist im Hintergrund, und doch kann sie das Leben ganzer Staaten, Völker, ja der ganzen Christenheit ändern. Am einfachsten ist dies am Beispiel des hl. Papstes Pius X. zu sehen. Von ihm stammen die Worte: „Eine Berufung zum Priestertum kommt von Gott, aber sie geht durch das Herz einer Mutter.“

Unser Herr Jesus Christus hat ja selbst diesen Weg durch das Herz einer Mutter gewählt und seine Mission von der Opferbereitschaft und dem „Fiat“ einer Jungfrau abhängig gemacht, welche durch ihr Mitwirken an Gottes Plan zur Miterlöserin wurde.

Die Berufung der Mutter

Aber warum, werden sich einige von Euch vielleicht fragen, steht das hier im DGW, warum in unserer Jugendzeitschrift diese „Abhandlung“ über die christliche Mutterschaft? Wir sind doch noch keine Mütter und haben somit eigentlich mit der ganzen Sache noch nichts zu tun.

Eben doch, die Berufung der Mutter beginnt schon früher. Ja, schon jetzt oder gerade jetzt, wo wir noch jung sind: Da haben wir die Chance und die Pflicht, uns auf die Mutterschaft vorzubereiten! Das Gebet, vor allem das innerliche Gebet und die Betrachtung, in welcher Gott uns ganz besonders an den Schätzen seiner Liebe Anteil nehmen lässt, will gelernt sein. Auch die Opferbereitschaft fällt einem nicht von heute auf morgen in den Schoß. Sie muss in den vielen kleinen Situationen erworben werden, die ab und zu zwicken, manchmal aber auch stärker wehtun. Sei es bei einer Bemerkung oder Kritik, die man herunterschluckt, sei es bei unangenehmen Arbeiten, die man trotzdem fröhlich und heiter erledigt, sei es im Ertragen unsympathischer Mitmenschen.

Oder wie Père Jean Dominique Fabre OP es ausdrückt: „Eine Frau, die mit dem Plan Gottes übereinstimmen will, und das Mädchen, das sich darauf vorbereitet, müssen kämpfen: gegen Romantik, störende Zuneigung und Träumereien, die die Selbsthingabe lähmen und egoistisch machen.“

 

Nehmen wir uns ein Beispiel an der Muttergottes. Sagen wir bei kleinen, widrigen Dingen unser „Fiat“ zum Willen Gottes, sodass wir es später auch bei größeren Opfern tun können.

Ein Priester fällt nicht vom Himmel, ein Priester muss erbetet und eropfert werden. Das ist die Aufgabe der gegenwärtigen und zukünftigen Mütter. Vielleicht bedient sich Gott gerade unseres, meines „Fiats“.

Zum Abschluss noch ein kurzer Spruch aus „Le petit Prince“ von Antoine de Saint-Exupéry:

Hast du Angst vor dem Tod? Fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein, ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt, soviel ich konnte. Und Liebe tausendfach verschenkt, kehrt wieder zu dem zurück, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.“

Blühen wir zur Ehre Gottes, seien wir wahre Mütter und bitten ihn darum, sein Priestertum auf dieser Welt fortzusetzen, und seien wir bereit, alles zu tun, was dazu notwendig ist, vor allem, echte Mütter zu sein.