Unsere Mediathek

Die Ursache der Religion

Erschienen in:
dgw-februar-1979

In der letzten Folge haben wir uns überlegt, wie wir Gott erkennen können; jetzt stellt sich die Frage nach unserer Stellung zu Gott. Das ist die Frage nach der Religion, die auf harten Tatsachen beruht. Sie umfaßt zwei Schritte:

Zu 1) Der Mensch strebt nach der ganzen Wahrheit, nach dem Besten und Schönsten, das heißt nach Gott. Wir sprechen hier von den Grundzügen der Religion, ohne zunächst auf die besondere Offenbarung Gottes einzugehen, in der er uns diese Fakten noch einmal klar vor Augen gestellt hat.

1. Einwand: Die sogenannten Naturalisten (der Name kommt daher, daß sie alles Übernatürliche natürlich erklären wollen) behaupten zum Teil, daß die Religion durch Betrug von Gesetzgebern, Herrschern oder Priestern entstanden sei, da die Herrscher durch die Religion die staatliche Autorität stärken wollten, bzw. die Priester auf diese Weise ihren Lebensunterhalt beschaffen wollten. Dazu ist zu sagen, daß das Benutzen der Religion zur Festigung der Autorität nur dann zieht, wenn die Leute bereits Einsicht in die religiösen Tatsachen haben, die wir oben gezeigt haben. Zum Teil erklären die Naturalisten aber auch die Religion aus der Psychologie: aus mythischer Verehrung der Vorfahren, aus der Phantasie, die ihre Wunschvorstellungen auf ein überirdisches Wesen übertrug, aus der Furcht vor schreckenerregenden Naturereignissen. Diese Argumentation verallgemeinert vereinzelte Begleiterscheinungen der Religion und geht an den praktisch überall anzutreffendm1 Grund-Einsichten über Gott – Mensch – Sittlichkeit – Sünde – Wiedergutmachung vorbei.(Vergleiche die Januarnummer)

2. Einwand: Neben den Naturalisten trat bereits um die Jahrhundertwende – damals von Pius X. in dem Rundschreiben „Pascendi“ verurteilt – eine etwas kuriose Lehre auf: der Modernismus. Seit zwei Jahrzehnten befreiten ihn einige Professoren vom Staub der Geschichte und verkaufen ihn einigermaßen erfolgreich. Sie meinen, daß man Gott und unsere Verpflichtung vor ihm nicht mit der Vernunft erkennen kann, sondern die Religion entstehe aus einem Unterbewußtsein, das die göttliche Wirklichkeit fühlt. Dieses Gefühl enthält aber keine bestimmten Wahrheiten; sondern liefert nur bestimmte Vorstellungen, die Ausdrucksversuche der Wahrheit sind. Sie sind bei jedem Menschen anders, ja sogar bei demselben Menschen ändern sie sich mit der Zeit. Diese Ausdrucksversuche sind nach jenen Professoren die Glaubenssätze oder Dogmen einer Religion, die sich mit der religiösen Erfahrung der Menschen ändern kann. Konkret gesagt: wenn das Empfinden früherer Christen ihnen sagte, daß Christus Gott ist, so kann das religiöse Empfinden heute sagen, daß er nur ein besonders bedeutender Mensch war. Oder das religiöse Gefühl der Hindus kann sie an die Seelenwanderung glauben lassen, während unser religiöses Gefühl das Gegenteil uns glauben läßt, wobei beide Vorstellungen richtig sein können. Diese Theorie – über die man etwas lächeln kann – fällt durch drei Tatsachen:
1. Gott und sein Gesetz können erkannt werden.
2. Das religiöse Unterbewußtsein müßte erst noch gefunden werden.
3. Religionen mit einander entgegengesetzten Lehren können nicht zugleich wahr sein.

Im Übrigen gilt für die Behauptung, daß sich die Wahrheit des Glaubens in der Geschichte ändere, das, was darüber in der Dezembernummer steht.