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Gedanken zur Mutterschaft

Erschienen in:
dgw-1978

Vor kurzem las ich ein Gedicht, in welchem von dem inneren und äußeren Leben einer Mutter erzählt wird. Betrachtet man diese Mutter als Repräsentantin eines vergangenen Jahrhunderts, und nimmt man ihr Bild, um das Verständnis des Mutterseins jener Zeit ein klein wenig zu beleuchten, so kommt man dahin, zu sagen, daß Mutterschaft etwas selbstverständliches bedeutete. Die Frau sah darin die Erfüllung ihrer Ehe und ihre Lebens schlechthin. Mutter werden und Mutter sein gehörten in den Bereich der verheirateten Frau als etwas vollkommen natürliches, als etwas, das in tiefster Beziehung zum Schöpfer steht. Ja, man vermochte das Wunder von Zeugung und Geburt auch als ein solches zu betrachten und sah sich teilhaben an der Schöpferkraft des Höchsten.

Wie ist es aber heute? – Wird nicht die positive Einstellung zu Mutterschaft und Familie, die sie noch vor einigen Jahrzehnten in weit höherem Maße als heute anzutreffen war, von der „modernen“ Frau belächelt oder gar bekämpft? Schwindet nicht die Ehrfurcht vor dem in den Händen Gottes ruhenden Walten der Natur, indem es dem freien Willen der Eheleute überlassen wird, ob sie das Kind „wollen“ oder nicht? Gilt nicht heute eine kinderreiche Familie als asozial, wogegen man früher von reichem Kindersegen sprach?

Eine Ursache dieser Dekadenz ist wohl bei der Frau selbst zu suchen. Sie will nicht mehr Frau sein und wird ihrer Bestimmung untreu, indem sie sich selbst will und versucht, sich ihrer großen, verantwortungsreichen, aber doch von Gott gewollten und gestellten Aufgabe zu entziehen. Sie will, so darf man sagen, nicht mehr gesegnet sein – eine traurige Feststellung! In vielen Fällen ohne sich dessen bewusst zu sein, sucht die Frau sich selbst zu entmythologisieren. Sie reißt sich den Schleier ihres Geheimnisses – was ist die Stunde der Empfängnis und Geburt anderes als ein Geheimnis – herunter und löst sich somit von dem seit Ewigkeit her gedachten Idealbild ihrer selbst. Dieses Idealbild liegt in der natürlichen Bestimmung des Weiblichen: empfangen, tragen, gebären.

Verweilen wir noch etwas bei diesem Gedanken. Aufgabe und Bestimmung der Frau sind von Gott gegeben und müssen daher gültig sein und bleiben. Ein natürlicher Auftrag kann nicht weggeleugnet werden. Auch nicht von dem scheinbar triumphierenden Schlagwort „Mein Bauch gehört mir“, auch nicht von einem politischen Gesetz. Der Ausspruch des hl. Paulus, daß sich die Frau „heilige durch das Kindergebären“, unterstreicht ihre Aufgabe ganz deutlich. Wie ist leibliche Mutterschaft als Aufgabe zu sehen? In der Stunde der Geburt, welche gleichsam einem Gottesgedanken das irdische Leben öffnet, setzt sich die Frau rückhaltlos für das Kind ein. Aber auch das Leben nach der Geburt gehört nicht mehr ihr, sondern dem Kind. Das bedeutet konkret, daß die Mutter ihre berufliche Karriere aufgibt, daß sie eventuelle egoistische Zukunftspläne vernichtet, um sich ganz ihrem Kind hinzugeben. „Es sind die Kinder, die uns erwecken, die da sagen: wie hart bist du, werde weich!“ heißt es bei Ruth Schaumann. Das Sichaufgeben und Opfern aus der naturhaften Liebe heraus, die vom mütterlichen Wesen ausgeht, bis hin zu einem Leben heroischer Unscheinbarkeit, ist zutiefst die Aufgabe der Mutter. „Die Mutter hat kein eigenes Gesetz, sondern ihr Gesetz ist das Kind“ (Le Fort). Und um dieses Gesetzes willen ist das Leben der Mutter an Alltag und Durchschnitt gebunden, an die Mühsal des kleinen und Kleinsten, an das mütterliche Prinzip, das nach der Geburt das Pflegen und Behüten des Geborenen fordert und den Einsatz aller mütterlichen Kräfte verlangt. Zum Wesen der Mutter gehört vor allem das Warten und Schweigen können, das Verzeihen, Barmherzigsein und das gütige Schlichten. Die Mutter ist es, die das Alltagsleben erträglich macht.

Jede Frau versteht ihre Aufgabe aber erst in der rechten Weise, wenn sie auf das Vorbild aller Mütter und Frauen, auf die jungfräuliche Mutter Maria blickt, in ihr das Ideal und den Inbegriff dessen sieht, was wir Mutter nennen. Das Geheimnis der Muttergottes, den Auftrag des weiblichen so hervorragend erfüllend, liegt ja darin, daß sie, leiblich wie geistig, getragen, geboren und sich ganz und gar hingeben hat in ihrer gottgewollten Bestimmung.