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Scheinwunder
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(Fortsetzung, erster Teil leider nicht verfügbar)
Bei den Montanisten, einer anderen Sekte des christlichen Altertums, kommt vor allem die falsche Ekstase vor. Tertullian, der die letzten Lebensjahre ebenfalls Montanist war, schrieb: „Die Ekstase ist eine Verzückung des Sinnes, ähnlich wie beim Wahnsinn.“ Aus dieser und vielen anderen Stellen bei Tertullian kann man schließen, dass die Propheten des Montanismus zur Zeit ihres Anfalles nicht wussten, was sie redeten und lauter Torheiten, Wahnsinniges von sich gaben. Gerade dieser Umstand weist deutlich darauf hin, dass der Teufel am Werk war. Eine göttliche Prophezeiung kann schwer verständlich sein, wie z.B. die „Geheime Offenbarung“, aber sie besteht nicht in „unverständlichem Zeug.“
Der hl. Hieronymus sagt: „Der Prophet versteht, was er sieht, er sprich nicht, als ob er wahnsinnig wäre, er lässt nicht Laute ohne Seele vernehmen, wie es die verrückten Weiber tun.“ Außerdem setzt die Verzückung immer einen gewissen Grad der sittlich-religiösen Vollkommenheit des Mystikers voraus. Denn der Zweck der Verzückung ist, Zeugnis zu geben von dem wirklichen Band der Einheit, das die triumphierende Kirche im Himmel mit der streitenden Kirche auf Erden verbindet. Ein unmoralisches Leben allein spricht schon gegen die Echtheit einer Ekstase. Gegen die Wiedertäufer, die in der Reformationszeit mit Berufung auf göttliche Befehle das deutsche Reich verwüsteten, schreibt sogar Luther: „Sagt mir nicht, dass ihr durch besondere Offenbarungen bevollmächtigt seid. Ei wie könnte der Herr den Wucher, den Mord, den Raub und das gewaltsame An-sich-reißen des Rechtes der Obrigkeit durch Wunder bekräftigen?“ Aus demselben Grund konnte auch keiner der sogenannten Reformatoren ein wahres Wunder in ihrer Geschichte aufweisen.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts traten die sogenannten „Inspirierten“ oder Camisarden auf. Die Inspiration bestand wesentlich darin, dass der vom Geist Ergriffene einer Macht überlassen war, die ihn zusammenhängende Reden halten ließ. Sie predigten Buße und vor allem gegen die Hl. Messe, die Sakramente und das Priestertum. War der Anfall vorüber, fiel der Betreffende charakteristischerweise in seine frühere Unwissenheit zurück. Schließlich rotteten sich die Camisarden wie die Wiedertäufer zusammen und verwüsteten das Land. Das wohl eigenartigste Geschehen bei den „Inspirierten“ sei hier kurz erwähnt: Claris, ein „Inspirierter“, empfängt vom Geist den Befehl, sich öffentlich in die Flammen zu stürzen. Ein Augenzeuge berichtete, dass Claris sich mitten in einen brennenden, sorgfältig aufgeschichteten Scheiterhaufen legte. Als nach einer Viertelstunde das Feuer niedergebrannt war, trat Claris unverletzt daraus hervor. „Weder seine Haare, noch seine Kleider noch seine Jacke waren beschädigt worden.“ Diese berichtete Tatsache ist sicherlich wahr. Als Ursache des Ereignisses bleibt nur eine übernatürliche. Die Lösung gibt der obige Augenzeuge selbst an, wenn er sagt: „Während der ganzen Zeit verließ ihn der Geist nicht.“ Aus dem Zusammenhang ergibt sich eindeutig, dass dies nur der teuflische Geist sein konnte.
Schließlich noch ein letztes bezeichnendes Scheinwunder der Jansenisten (18. Jahrhundert): Ein junger Mann hatte durch eine Entzündung das linke Auge ganz verloren. Dem rechten drohte dasselbe Schicksal. Nach einer Novene am Grabe des Diakon Paris, eines „Heiligen“ des Jansenismus, wurde das rechte Auge gesund, und das linke blieb blind. Wichtig ist, dass gerade da, wo die Schöpfermacht Gottes anfängt, nämlich bei der Neuschöpfung eines Auges, das Wunder aufhörte! Die Gesundung des linken Auges konnte der Teufel mit natürlichen Mitteln bewirken, d.h. vor allem beschleunigen.
Zusammenfassend ist zu sagen: Ein wahres Wunder liegt immer vor, wenn die Schöpfermacht Gottes notwendig ist. Ansonsten muss das Wunder wenigstens die natürliche Ordnung übersteigen und zugleich in moralischem und eigentlichem Zusammenhang mit der natürlichen oder geoffenbarten Wahrheit stehen.