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Was ist Liebe?

Erschienen in:
DGW-3-1980

Das erinnert an die Frage von Pilatus: „Was ist Wahrheit?“. Dies ist bedingt durch die Ausgangsstellung, die man einnimmt. Liebe ist etwas, was wir nicht greifen können, manchmal sogar nicht begreifen. Liebe hat man nicht allein; Liebe teilt man. Sie hat etwas von Freundschaft, die teilt man auch. Aber Liebe wird nicht nur geteilt, sie teilt auch.

Sie hat etwas von dem Verständnis zwischen Reiter und Pferd. Sie verstehen einander auch, aber Liebe ist mehr. Liebe kann man nicht kaufen. Doch muss man etwas geben –sich selbst. Manchmal bekommt man was geschenkt dafür. Hin und wieder das, was man erwartete, sonst etwas anderes. Das andere muss man nicht bloß hinnehmen, sondern schätzen und verstehen.

Geht das nicht? – Doch, aber es muss auch wachsen. Damit hat Liebe auch etwas vom Korn. Das Getreide wird in die Erde geworfen und verschwindet aus unserem Blick. Doch es ist nicht weg, es wächst, es wird groß und am Ende ist wieder Korn da. Ein langer Weg? – Möglich, aber es hat sich vervielfältigt.

Liebe ist wie Berge. Ja gewiss! Aber alle Berge sind verschieden. Klar, auch alle Menschen sind verschieden. Aber alle Berge haben eines gemeinsam: Es kostet Mühe hinaufzugehen, nur hinunter geht es leicht.

Was fehlt Reiter und Pferd? Sie sind nicht gleich. Aber die Freunde sind gleich. Ja, aber dort fehlt das feste Band.

Liebe ist, was Jesus Christus uns gezeigt hat: alles loslassen und Mensch werden. Und dabei zu wissen, dass trotz allem noch Menschen verloren gehen. Aber es bleibt die Freude über die Geretteten. Liebe ist, was die Muttergottes zeigte: „Mir geschehe nach deinem Wort!“

Nicht leidenschaftlich – Gott sorgt ja für alles – aber tief besorgt haben sie drei Tage gesucht. Die Ernüchterung lag wohl in dem Wort Jesu: „Wusstet ihr nicht, dass ich im Hause meines Vaters sein muss?“ In keinem Evangelium aber wird die Blume beschrieben, die aus der Meditation sich öffnete. Und sie bewahrte alles in ihrem Herzen.

Liebe ist auch, dass Christus sich in der hl. Kommunion zu jeder Zeit uns gibt, obwohl wir immer wieder falsche Wege gehen.

Liebe ist auch, dass er uns versteht, wenn wir zu ihm kommen und sagen: „Verzeih, ich hab es wieder falsch gemacht. Hilf mir bitte, da mir fast der Mut fehlt, es wieder zu versuchen!“

Die gegenseitige Hilfe gehört auch zur Liebe, aber wo findet man das? Liebe ist wie eine Oase in der Wüste. Sie ist Schütz vor Sand und Wind, vor Sonne und Hitze, sie ist Essen und Trinken. Oft verirrt man sich in eine Fatamorgana, in eine Luftspiegelung. Man eilt einer Luftspiegelung entgegen, die nur weitere Trockenlandschaften erschließt. Nur wenn man die Oase erreicht hat, weiß man wie weit der Weg war, und nur wenn man im Schatten der Palme sitzt, dass es keine Luftspiegelung war. Aber hier scheint immer noch die Sonne.