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Die Entwicklung der Religion

Erschienen in:
dgw-maerz-1979

DGW-Religionsentwicklung

Zur obigen Skizze: In der vergleichenden Religionswissenschaft stieß man durch Untersuchungen alter Kulturen und durch Forschungsarbeiten bei den heute noch bestehenden Naturvölkern auf zwei Erscheinungen:

I. Die ältesten Kulturen und II. Die zivilisatorisch primitiven Völker haben die reinste Gottesvorstellung.

Diese Punkte I und II werden jetzt im einzelnen erläutert.

I. Die ältesten Kulturen

1) VORGESCHICHTLICHE ZEIT (Steinzeit)
Hier kann man zweierlei feststellen:
– Bestattung der Toten mit Grabbeigaben (Nahrung, Werkzeuge, Schmuck), woraus man auf den Glauben an ein Weiterleben nach dem Tode schließt.
– Opfer, vor allem Erstlingsopfer, die – wie man annehmen muß – einem göttlichen Wesen galten, das als Schöpfer bzw. Geber der Dinge verehrt wurde.

2) GESCHICHTLICHE ZEIT
China: Vor 1100 v. Chr. wird eine höchste Gottheit unter dem Namen Tien bzw. Schang-ti verehrt, die später mit dem materiellen Himmel gleichgesetzt wird und die Erde als entsprechende weibliche Gottheit erhielt. Daneben kamen bei der Aufteilung in fünf Reichsprovinzen fünf Regionalgötter auf.
Japan: Die Sonne, die später göttlich verehrt wird (vgl. die japan. Flagge) war ursprünglich nur Symbol des höchsten Herrn.
Azteken: Über der Götterschar steht im 13. Himmel ein höchster „Herr der Geburten“, der Götter ( ! ) und Menschen schuf, der aber nicht – mehr!? – besonders verehrt wird.
Indogermanen: Gleicher Wortstamm – Div – für Gott bei den indogermanischen Völkern, was auf einen ursprünglichen Eingottglauben verweist:

indisch Dyu
griechisch Theos
lateinisch Deus
germanisch Dies (Dienstag)

Diese Beispiele aus dem Glauben, den Schriften der frühen Zivilisation zeigen auf ursprünglich einen höchsten Gott, dessen Kenntnis später durch die Vielgötterei verdunkelt wurde.

II. Die zivilisatorisch primitiven Völker

Die Naturvölker, die auf der primitivsten materiellen Kulturstufe stehen, d. h. die sich von Jagd (Männer) und Sammeln von Pflanzen (Frauen) ernähren, wobei der Boden allen gemeinsam gehört, nicht in den Prozess des wirtschaftlichen Aufstiegs (Viehzucht, Ackerbau, Städte, Metallverarbeitung, Schrift) einbegriffen wurden, abgesplittert von der Weltgeschichte in Verdrängungsgebieten, wie in den tropischen zentralafrikanischen Urwäldern, den Halbwüsten SW-Afrikas und Australiens, auf Feuerland wohnen.

Diese Völker haben fast durchgängig den Glauben an ein höchstes Wesen, einen persönlichen Gott, von dem die sittliche Verpflichtung stammt. Er wird durch Gebet, Erstlingsinitation (= feierliche Aufnahme der Jungen und Mädchen in die Stammesgemeinschaft) verehrt. Er wird häufig als Vatergott bezeichnet und ist nach ihnen sogar oft der Schöpfer von Welt und Menschen. Dazu einige Beispiele:

1) Gabun, Pygnäen: Ein Gott, er hat keine Gestalt, wohnt im Himmel, hat alles – auch den Menschen – geschaffen wegen der Sündon der Menschen hat er sich von ihnen zurückgezogen.
2) Andamesen (Inselgruppe im Indischen Ozean) : Ein höchstes Wesen „Pulugu“, ewig, übermächtig, allwissend und Schöpfer.
3) Wiyot – Indianer (Zentralkalifornien): Sie erklären u.a., ER (Gott) macht die Dinge, indem er seine Hände zusammenlegt und sie dann wieder ausbreitet. Er braucht zu seiner Erschaffungstätigkeit keinerlei Werkzeuge.
4) Feuerlandindianer: Gott heißt „Vater oben“ oder „guter Vater“ (Darwin hatte fälschlicherweise behauptet, dieser Stamm habe kein hochstehenden Gottesbegriff.) Die Forscher, die unter Umständen jahrelang unter solchen Stämmen lebten, sprechen davon, daß diese einfachen Menschen nach einer letzten Ursache für die Welt fragen und durch einen berechtigten Vergleich von der bestimmenden Autorität des leiblichen Vaters auf einen Vatergott schließen, wenn auch ihre Erklärung zuweilen noch bildhaft ist. Man kann begründeterweise annehmen, daß diese Naturvölker auf der anfänglich hohen religiösen und niedrigen zivilisatorischen Stufe der Menschheit stehengeblieben sind. Die andern Völker dagegen mit zunehmenden materiellen Fortschritt und Wohlfahrt einen religiösen Rückschritt getan haben zu Vielgötterei und Götzendienst.

Die religiöse Talfahrt wurde in entscheidender Weise erst durch JESUS CHRISTUS und seine KIRCHE zum Halten gebracht. Dagegen gibt es natürlich wohl auch uns bekannte Einwände.

1. Einwand: Er kommt von den „Aufklärern“ des 18. Jdh. Ihr Name kommt daher, daß sie die Glaubenswahrheiten, das Christentum überhaupt ablehnen. Für sie ist die Vernunft die höchste Norm. Bedeutende Vertreter sind: David Hume, Rousseau, Lessing. Sie sagen, daß die Religion sich im Verlaufe der Menschheitsgeschichte entwickelt habe von primitiven Vorstellungen (Götzendienst) bis zum Eingottglauben. Diesen Vorstellungen schlossen sich im 19. Jdh. einige englische Forscher an. Durch die intensive Erforschung der Naturvölker und der alten Überlieferungen in diesem Jahrhundert wurde das Gegenteil bewiesen: die Vielgötterei ist eine Verfallserscheinung, so wie vorher gezeigt wurde.

2. Einwand: Von den protestantischen Reformatoren und ihnen nahe stehenden Leuten. Sie behaupten: Die heidnischen Religionen enthielten nichts Wahres oder Gutes mehr. Dies kann schwerlich aufrecht erhalten werden angesichts a) des durchgängig anzutreffenden Glaubens an eine überweltliche, göttliche Welt b) des Erlösungsstrebens, das sich in Opfern, rituellen Waschungen, Askese und dergleichen äußert, c) des Glaubens an die Unsterblichkeit der Seele, der an der Bestattung der Toten und deren Verehrung erkennbar ist.